Weite Teile Chiles sind über Stunden ohne Elektrizität. Nun scheint das Problem weitgehend behoben – die genaue Ursache ist aber noch unklar. Chiles Präsident zeigt sich empört.
Nach massivem Blackout: Großteil Chiles hat wieder Strom

Nach einem langen Stromausfall in praktisch ganz Chile wurde die Elektrizität weitgehend wiederhergestellt. „Seit Mitternacht fließt der Strom für 90 Prozent der privaten Verbraucher wieder“, teilte die Aufsichtsbehörde für die Stromnetze in der Nacht zum Mittwoch (Ortszeit) mit.
Am Dienstagnachmittag war demzufolge im Norden des Landes, zwischen den Städten Vallenar und Coquimbo, eine Hochspannungsleitung unplanmäßig vom Netz gegangen, woraufhin weitere Leitungen im Land abgeschaltet worden seien. Das löste einen fast flächendeckenden Blackout auf gut 3000 Kilometern in der Nord-Süd-Ausdehnung des Landes aus. Betroffen waren nach Angaben der Zeitung «La Tercera» zwischenzeitlich rund 98 Prozent der Haushalte, also nahezu alle Einwohner des südamerikanischen Landes.
Die Regierung verhängte eine Ausgangssperre in den betroffenen Regionen von Arica y Parinacota im Norden bis Los Lagos im Süden für den Nachtzeitraum. Zudem wurden laut Verteidigungsministerium 3000 Soldaten zur Verstärkung der Polizei auf die Straße geschickt. «Unsere größte Sorge gilt der Sicherheit der Menschen», sagte Chiles Innenministerin Carolina Tohá. «Wir wollen, dass niemand den Stromausfall ausnutzt, um Verbrechen zu begehen.»
Experte: «Atypischer Systemausfall»
Warum genau die Leitung im Gebiet Norte Chico vom Netz ging, war nach Angaben der Stromnetz-Aufsichtsbehörde bisher nicht vollends geklärt. Als vorläufige Ursache habe das Unternehmen ISA Interchile, dem die Anlage gehört, eine Fehlfunktion der Schutzvorrichtungen der Leitung angegeben, hieß es. Innenministerin Tohá hatte zuvor gesagt, es gebe «keinen Grund zu glauben oder anzunehmen, dass ein Anschlag dahintersteckt».
Der Elektroingenieur der Universität von Santiago de Chile, Humberto Verdejo, sprach im Radiosender Cooperativa von einem völlig «atypischen Systemausfall». Das Ereignis sei außergewöhnlich und komplex.
Die U-Bahn in der Hauptstadt Santiago de Chile musste vorübergehend den Betrieb einstellen. Das Verkehrsministerium warnte die Autofahrer im Großraum Santiago zur Vorsicht, da zahlreiche Ampeln ausfielen. Wegen des Stromausfalls wurde auch das wichtigste Musikfestival Lateinamerikas – das Festival Internacional de la Canción – in der Küstenstadt Viña del Mar unterbrochen. Die für den Dienstagabend geplanten Auftritte wurden auf den kommenden Samstag verlegt, wie das Festival auf Instagram mitteilte.
Präsident kritisiert Elektrizitätsunternehmen
Jedoch gelang es anscheinend schneller, die Stromversorgung weitgehend wiederherzustellen. Laut der Aufsichtsbehörde wurden Wasserkraftwerke aktiviert, die nach und nach die Last übernahmen.
Der linke Präsident Chiles, Gabriel Boric, lobte die schnelle und teilweise Wiederherstellung der Stromversorgung als positive Nachricht, kritisierte jedoch auch scharf die Elektrizitätsbetreiber des Landes. Boric bezeichnete es als inakzeptabel und empörend, dass das tägliche Leben von Millionen Chilenen beeinträchtigt wird, weil Unternehmen ihre Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllen. Er betonte, dass es die Pflicht des Staates sei, die Verantwortung der Konzerne gegenüber den Bürgern des Landes durchzusetzen.