Die EU packt angesichts der Eskalation des Zollkonflikts durch US-Präsident Donald Trump ihre Druckmittel aus. Werden auf US-Exporte im Milliardenwert bald neue EU-Zölle fällig?
Nach Trump-Brief: EU legt neue Liste für Gegenzölle vor
Die EU bereitet sich nach den neuen Zollankündigungen von US-Präsident Donald Trump darauf vor, zusätzliche Gegenzölle auf Importe aus den USA im Wert von 72 Milliarden Euro zu erheben. Dies gab der zuständige EU-Kommissar Maros Sefcovic nach einem Handelsministertreffen in Brüssel bekannt.
In den Vorbereitungen für die Gegenmaßnahmen geht es um eine Liste mit Industrie- und Agrarerzeugnissen aus den USA, die von neuen Zöllen der EU betroffen sein sollen, falls die europäischen Bemühungen für eine gütliche Einigung scheitern. Sie wurde nach einer öffentlichen Konsultation zuletzt noch einmal etwas angepasst. Ursprünglich umfasste sie Importe aus den USA in die EU im Wert von sogar 95 Milliarden Euro.
Sefcovic sagte zunächst nicht, welche Produkte von der Liste gestrichen wurden. Auch symbolisch relevante Erzeugnisse wie amerikanische Flugzeuge, Autos und Bourbon Whiskey waren darauf verzeichnet.
Trump-Brief bringt «völlig andere Dynamik»
Über die Ankündigung von Trump, ab dem 1. August neue Einfuhrzölle in Höhe von 30 Prozent auf Importe aus der EU erheben zu wollen, hatte sich der EU-Kommissar zuvor enttäuscht geäußert. «Wir haben wochenlang über eine Grundsatzvereinbarung verhandelt, und ich denke, wir waren fast am Ziel», sagte er. Trumps Ankündigung bringe nun «eine völlig andere Dynamik».
Zugleich warnte Sefcovic, dass die Umsetzung der Trump-Pläne drastische Auswirkungen auf den transatlantischen Handel haben würde. «Seien wir ehrlich: Ein Zollsatz von 30 Prozent käme einem faktischen Handelsverbot gleich», sagte er. Wenn Zölle in Höhe von 30 Prozent oder noch mehr in Kraft treten würden, sei mit erheblichen negativen Auswirkungen auf beiden Seiten des Atlantiks zu rechnen.
Verhandlungen bis Monatsende
Der EU-Handelskommissar sagte, dass er den Dialog mit den USA weiterführen werde, um bis zum 1. August zu einer Verhandlungslösung zu gelangen. Dies ist das Datum, an dem Trump die Einführung eines 30-Prozent-Zolls auf Importe aus der EU angekündigt hat.
Falls es zu keiner Einigung kommt, plant die EU, mit entschlossenen Gegenmaßnahmen zu reagieren. Es wurden bereits Gegenzölle beschlossen, falls die USA die vor Monaten eingeführten neuen Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte nicht wieder aufheben.
Laut früheren Angaben der EU beziehen sie sich auf Ausfuhren der Vereinigten Staaten im Gesamtwert von 21 Milliarden Euro und könnten zu den Zöllen auf Exporte im Wert von 72 Milliarden Euro hinzukommen.
Die EU-Kommission hat kürzlich auch Beschränkungen für bestimmte EU-Exporte von Stahlschrott und chemischen Erzeugnissen in die USA im Wert von 4,4 Milliarden Euro vorbereitet.
Drohender Handelskrieg
Zu den weiteren Verhandlungen sagte Sefcovic, er habe trotz des Briefes von Trump das Gefühl, dass auch seine US-amerikanischen Gesprächspartner bereit zu weiteren Verhandlungen seien. Er sei hundertprozentig überzeugt, dass eine Verhandlungslösung viel besser sei als die Spannungen, die im Fall einer weiteren Eskalation nach dem 1. August entstehen könnten, sagte Sefcovic: «Diese Sache wird sonst nicht gut ausgehen.»
Laut einer Analyse der Bundesbank gilt die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft als besonders anfällig in einem Handelskrieg. Fast jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland hängt vom Export ab, der bereits 2024 schrumpfte und nun aufgrund des Zollstreits mit den USA zusätzlich unter Druck steht.
Am Handelsministertreffen am Montag gab es keine öffentlichen Äußerungen der Bundesregierung. Die Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) wurde durch Staatssekretär Thomas Steffen vertreten.