Einheitlicher digitaler Führerschein bis 2030, Fahrverbote EU-weit durchsetzbar, begleitetes Fahren EU-weit.
EU-Parlament beschließt neue Führerscheinvorgaben

Das Europaparlament stimmt heute endgültig über die neuen EU-Führerscheinvorgaben ab. Unterhändler des Parlaments und der EU-Staaten hatten sich bereits auf die Vorgaben geeinigt, nun folgt die letzte formelle Abstimmung. Die EU-Staaten haben drei Jahre Zeit für die Umsetzung in nationales Recht und ein weiteres Jahr für die Vorbereitung der Umsetzung. Was sich ändert:
Digitaler Führerschein
Bis spätestens 2030 soll ein einheitlicher digitaler Führerschein eingeführt werden. «In Zukunft wird es in allen EU-Staaten einen digitalen Führerschein geben, der über das Smartphone abrufbar ist und in der gesamten EU gilt», heißt es vonseiten des EU-Parlaments. Gleichzeitig behalten Bürger das Recht, eine physische Führerscheinkarte zu beantragen. Beide Versionen sind gleichwertig.
Grenzübergreifende Fahrverbote
Bei schwerwiegenden Verstößen gegen Verkehrsregeln in einem EU-Land kann ein Fahrverbot in der gesamten Europäischen Union drohen. Dies soll sicherstellen, dass Verkehrssünder zukünftig in allen Mitgliedstaaten zur Rechenschaft gezogen werden – unabhängig davon, wo sie ihren Führerschein erworben haben. Dies betrifft beispielsweise schwere Verkehrsverstöße wie Trunkenheit am Steuer, Drogenkonsum im Straßenverkehr, tödliche Unfälle oder extremes Rasen.
Nach geltendem Recht dürfen EU-Länder, die den Führerschein nicht ausgestellt haben, Fahrverbote nur im eigenen Hoheitsgebiet durchsetzen. Nun kann der Staat, in dem der Verstoß stattgefunden hat, den Ausstellungsstaat darüber informieren, der dann wiederum das verhängte Fahrverbot übernehmen und EU-weit durchsetzen können soll. «Praxisrelevant wird dies allerdings erst, wenn die Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt wurde», betont der ADAC.
Begleitetes Fahren auch in anderen Ländern
Ein weiteres Element der EU-weiten Reform ist die Erweiterung des begleiteten Fahrens auf die gesamte Europäische Union. Junge Fahrer sollen so bereits früher unter Aufsicht Fahrpraxis sammeln können – in Deutschland gibt es das bereits, dann sind laut ADAC aber auch Urlaubsfahrten möglich. Auch für Berufskraftfahrer soll dieses Modell freiwillig angeboten werden können, um die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen und dem Fachkräftemangel im Verkehrssektor entgegenzuwirken.
Jüngere Lkw- und Busfahrer
Eine weitere Maßnahme gegen den Fachkräftemangel ist die Senkung des Mindestalters für den Lkw-Führerschein von 21 auf 18 Jahre. Ebenso wird das Mindestalter für Busfahrer von 24 auf 21 Jahre gesenkt.
Mehr Fokus auf Sicherheit in Fahrschulen
Auch die Ausbildung für zukünftige Fahrerinnen und Fahrer wird überarbeitet. In Zukunft sollen Themen wie Ablenkung durch Handynutzung, tote Winkel und Fahrassistenzsysteme mehr Gewicht bekommen. Ebenso wird der Umgang mit Fußgängern, Kindern und Radfahrenden intensiver behandelt werden.
Training reicht für Wohnmobile bis 4,25 Tonnen
Zudem gibt es Erleichterungen für Wohnmobilfahrer. Künftig dürfen Inhaber eines Führerscheins der Klasse B Fahrzeuge bis zu 4,25 Tonnen nach einem speziellen Training oder einer Prüfung steuern. «Ob für Wohnmobile eine Zusatzschulung oder auch eine Prüfung dafür nötig sein wird, legt jedes Land selbst fest», teilte der ADAC auf Anfrage mit.
Keine verpflichtenden Medizin-Checks
Anders als zwischenzeitlich diskutiert, wird es keine Pflicht für Gesundheitsuntersuchungen ab einem bestimmten Alter geben. Die EU-Staaten können für Auto- und Motorradführerscheine selbst entscheiden, ob sie ein ärztliches Gutachten oder ein Selbstbewertungsformular verlangen. «Für Deutschland dürfte sich hier zunächst wenig ändern», so die Einschätzung des ADAC.
In der Zwischenzeit wurden neben Gesundheitschecks auch eine Sonderkategorie von Führerscheinen für schwere Fahrzeuge wie SUVs und die Option von Nachtfahrverboten für junge Autofahrerinnen und -fahrer diskutiert. Keine dieser Ideen wurde jedoch umgesetzt. Auch der Vorschlag, dass Führerscheine von Personen über 70 Jahren alle fünf Jahre erneuert werden sollten, wird vorerst nicht umgesetzt.
EU-Ziel: Weniger Verkehrstote bis 2030
Die Reform ist Teil des europäischen Verkehrssicherheitspakets, mit dem die EU ihr Ziel der «Vision Zero» verfolgt – keine Verkehrstoten und Schwerverletzten mehr bis 2050. Nach dem 2018 gefassten Ziel soll die Zahl der Verkehrstoten bis 2030 halbiert werden im Vergleich zu 2019 – davon ist die EU derzeit aber noch weit entfernt. In den vergangenen fünf Jahren sank die Zahl der Verkehrstoten nur um rund zwölf Prozent.
Gemäß den neuesten Angaben der EU-Kommission wurden im Jahr 2024 EU-weit 19.940 Menschen bei Verkehrsunfällen getötet. Dies bedeutet einen Rückgang um zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Schweden (20 Todesfälle pro Million Einwohner) und Dänemark (24 Tote pro Million Einwohner) haben die sichersten Straßen gemessen an der Bevölkerungszahl. Deutschland liegt mit 33 Toten pro einer Million Einwohner deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 45.








