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Formel-1-Weltmeister Lando Norris krönt sich im irren Dreikampf-Finale

Norris rettete einen knappen Vorsprung ins Ziel und beendete Verstappens Ära als Champion. Ein packendes Rennen mit Hollywood-Glamour und Überraschungen.

Der WM-Triumph ist perfekt für Lando Norris.
Foto: David Davies/PA Wire/dpa

In einem aufregenden Dreikampf-Finale wurde Lando Norris erstmals zum Formel-1-Weltmeister gekrönt. Trotz der Angriffe seines McLaren-Teamkollegen Oscar Piastri und des souveränen Sieges des Titelverteidigers Max Verstappen beim Saisonfinale in Abu Dhabi verteidigte Norris knapp einen Vorsprung von nur zwei Punkten im Gesamtklassement.

Der 26-Jährige sicherte sich den ersten Fahrer-Titel seiner Karriere mit dem dritten Platz hinter Verstappen und Piastri. Er ist der 35. Champion in der Geschichte der Motorsport-Königsklasse. Hollywood-Schauspielerin Ana de Armas winkte den Thriller mit der Zielflagge ab.

Norris beendete somit die Weltmeister-Ära von Red-Bull-Star Verstappen, die 2021 auf dem Yas Marina Circuit begonnen hatte. Der 28-jährige Niederländer hatte den WM-Kampf in diesem Jahr eigentlich schon aufgegeben, verpasste den fünften Triumph nacheinander aber bei seinem achten Saisonsieg – einer mehr als Norris – letztlich knapp. Hätte Norris nur den vierten Platz belegt, wäre Verstappen erneut der Champion gewesen.

Drei Titelkandidaten, drei Typen

Die Spannung war das ganze Wochenende über hoch. Hier war der ruhig-aggressive Titelverteidiger, der trotz eines Rückstands von 104 Punkten Ende August auf Platz eins lag und nichts zu verlieren hatte. Auf der anderen Seite standen die Stallrivalen Norris und Piastri, die viel zu verlieren hatten. Ein solches Dreikampf-Finale hatte die Formel 1 seit 2010 nicht mehr gesehen, als Sebastian Vettel vom dritten Gesamtrang zum Weltmeistertitel im Red Bull raste.

Norris machte den offenen Umgang mit Schwächen und Ängsten auch in der Formel 1 salonfähig und sagte schon mal von sich selbst, er wolle zeigen, dass man auch ohne Killerinstinkt Weltmeister werden kann. Ein Typ, der junge Zielgruppen anspricht, einer der gern und sehr markant lacht, aber auch einer, der offen über Zweifel und Ängste redet. Auf die Frage, wie er die Nacht vor dem erstmal wichtigsten Rennen seiner Karriere geschlafen habe, antwortete er: «Überraschend gut. Das ist der Moment, auf den wir unser ganzes Leben warten.» 

Im Gegensatz zu Norris kennt Verstappen diese Momente reichlich. Für manche ist er der vielleicht kompletteste Rennfahrer, den die Formel 1 je gesehen hat. Getrimmt durch Vater Jos, der selbst parallel zum Finale bei einer Rallye in Afrika am Steuer saß. Gesegnet auch noch mit den Renngenen seiner Mutter, einst exzellente Kartfahrerin, die auch nicht in Abu Dhabi war, sondern auf die Hunde aufpasste. «Sie vertrauen ihrem Sohn», hatte Max Verstappen gesagt und gegrinst.

Mit McLaren-Teamorder in die erste Kurve? 

Und dann noch dieser lange Zeit in der WM so starke und coole Australier. Piastri gewann bis Ende August sieben Rennen, führte im Klassement, schien unerschütterlich. Doch dann kam der Einbruch. Kein Sieg mehr in einem Grand Prix, zuletzt in Katar die Leistungssteigerung und der Erfolg im Sprint. «Der Glaube ist immer noch da, aber es müssen ein paar Dinge für mich laufen», sagte er unmittelbar vor den letzten 306,183 Rennkilometern dieser Saison, die am 16. März in Piastris Heimat Melbourne mit einem Sieg von Norris begonnen hatte.

Im Unterschied zu seinen beiden Rivalen startete er auf der härtesten Reifenmischung, während Verstappen und Norris auf der mittleren Mischung fuhren. Das bedeutete auch, dass Piastri später zum ersten Reifenwechsel hereinkommen würde.

Um 17.03 Uhr Ortszeit wurden zum letzten Mal in dieser Saison die Roten Ampeln ausgeschaltet. Verstappen hatte sich mit einer großartigen Runde die Pole Position gesichert, Norris wurde Zweiter im Qualifying, Piastri Dritter. Papa Norris umarmte seinen Sohn noch einmal herzlich. Es half nur teilweise. Verstappen verteidigte die Spitzenposition, die er nicht unbedingt erreichen musste.

Der Teamrivale fährt volle Attacke

Aber Piastri machte umgehend Druck. Der Australier, dessen Manager Mark Webber 2010 gegen Vettel zu den WM-Verlierern gehört hatte, fuhr volle Kampflinie. Ob das von den Teambossen so gedacht war? Piastri zog es durch, überholte Norris außen. Er sei nicht wirklich überrascht gewesen, behauptete McLarens Geschäftsführer Zak Brown bei Sky Sports UK. Zwischenfazit nach dem Nervenauftakt: «So weit, so gut, nicht komfortabel.»

Verstappen-Teamkollege riskiert Crash gegen Norris

Auf dem dritten Platz würde Norris auch noch den Titel erreichen, aber von hinten drängte eine Weile Charles Leclerc im Ferrari. Der Monegasse, der selbst seit Jahren vergeblich dem Titel hinterherjagt, kam jedoch nicht nah genug heran, um zu überholen. In Runde 17 absolvierte Norris einen Boxenstopp: 2,1 Sekunden und die neuen Reifen waren montiert. Das ging schnell. Er kehrte auf den neunten Platz auf der Strecke zurück, machte schnell Plätze gut, bevor er hinter Verstappens Teamkollege Yuki Tsunoda festhing.

Die Red-Bull-Strategie-Abteilung um Hannah Schmitz hatte wie bei Piastri harte Reifen draufziehen lassen beim Japaner zu Beginn. «Ich weiß, was ich zu tun habe, lasst mich in Ruhe», funkte der Japaner genervt an die Box. Als Norris überholen wollte, überreizte Tsunoda aber komplett. Er fuhr nach links und rechts und drängte Norris fast ins Gras. Die Strafe folgte schnell: In seinem letzten Rennen für Red Bull bekam er fünf Sekunden aufgebrummt. 

Welche Rolle der Norris-Teamkollege am Ende spielte 

McLaren ließ Piastri mit den harten Reifen draußen, Verstappen kam jedoch näher – trotz des Reifenwechsels. Der Australier sollte am Ende des Rennens auf den Mediumreifen noch einmal Druck machen. Norris war bereits zum zweiten Mal zum Reifenwechsel an der Box – McLaren reagierte auf Leclercs Stopp. Fast zeitgleich überholte Verstappen Piastri, der damit virtuell aus dem WM-Rennen ausschied. Dennoch gab er nicht auf und fragte die Box, wie sie das Rennen gewinnen wollen.

Die Frage war, ob Piastri noch von der Box aufgefordert werden würde, zur Sicherheit Norris vorbeizulassen. Verstappen hatte genug Zeit, um zu fragen, ob Leclerc noch an den Briten herankommen würde. Der Monegasse schaffte es nicht mehr und Norris überquerte nach 58 Runden als neuer Weltmeister die Ziellinie.

dpa