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Orban sieht den Westen mit Russland-Strategie gescheitert

Ungarns rechtsnationaler Ministerpräsident Viktor Orban ist für bisweilen derbe Aussagen bekannt. Nun bedient er sich offen rassistischer Sprache. Auch zum Russland-Kurs hat er eine Meinung.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban.
Foto: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban sieht den Westen mit seiner Strategie gegen Russland gescheitert. «Wir sitzen in einem Auto mit vier kaputten Reifen», erklärte der rechtsnationale Politiker am Samstag vor Tausenden Anhängern im rumänischen Kurort Baile Tusnad. «Die Sanktionen erschüttern Russland nicht», sagte er. Dafür würden in Europa «Regierungen fallen wie Dominosteine». Er erwähnte dabei die – in Wirklichkeit aus ganz unterschiedlichen Gründen erfolgten – Entwicklungen in Italien, Großbritannien, Bulgarien und Estland.

Vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine habe der Westen die Sicherheitsansprüche Moskaus ignoriert, kritisierte Orban. «Mit US-Präsident (Donald) Trump und Bundeskanzlerin (Angela) Merkel wäre dieser Krieg nie passiert», meinte er – offenbar von der Einschätzung geleitet, dass diese Politiker – ähnlich wie er selbst – für eine russlandfreundlichere Politik gestanden hätten.

Ungarn ist seit 1999 Mitglied der Nato und seit 2004 der EU. Die Sanktionspolitik der Union trug Orban bislang mit, erzwang aber mit einer Vetodrohung eine Ausnahmeregelung für russische Ölimporte. Zum russischen Präsidenten Wladimir Putin pflegt Orban immer noch ein recht gutes Verhältnis. Man müsse mit Moskau verhandeln und nicht die Ukraine aufrüsten, sagte er in seiner Rede.

Orban regiert seit 2010. Ihm wird das Aushöhlen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vorgeworfen, weswegen er auch mit der EU in Konflikt steht. Gegen Ungarn laufen derzeit mehrere Verfahren, darunter eines im Rahmen des neuen Rechtsstaatsmechanismus, das zum Entzug von EU-Fördermitteln führen könnte.

Rede vom Ansturm der «islamischen Zivilisation»

Auch wegen Orbans repressiver Asylpolitik erlitt Ungarn mehrere Niederlagen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). In seiner Rede beharrte Orban darauf, mit Grenzzäunen und Abschiebungen Europa vor dem Ansturm der «islamischen Zivilisation» zu schützen. Neben dieser islamophoben Aussage setzte Orban bei seiner Rede auch offen rassistisches Vokabular und Argumente ein.

«Es gibt nämlich jene Welt, in der sich die europäischen Völker mit den Ankömmlingen von außerhalb Europas vermischen», führte er aus. «Das ist eine gemischtrassige Welt.» Dem gegenüber gebe es das Karpatenbecken, wo sich europäische Völker wie Ungarn, Rumänen, Slowaken und andere miteinander vermischten. «Wir sind bereit, uns miteinander zu vermischen, aber wir wollen nicht zu Gemischtrassigen werden», betonte Orban.

Das unter anderem von den Nationalsozialisten genutzte Konzept, dass es unterschiedliche menschliche Rassen gibt, ist wissenschaftlich nicht haltbar und ist Teil rassistischer Weltanschauungen. Diese Ideologie schreibt ganzen Gruppen von Menschen aufgrund äußerlicher Unterschiede wie etwa der Hautfarbe fälschlich bestimmte Eigenschaften zu.

Orban trat im rumänischen Baile Tusnad (ungarisch: Tusnadfürdö) auf, das in einem kompakten ungarischen Siedlungsgebiet in Siebenbürgen liegt. Bis 1918 hatte die Region zu Ungarn gehört. Die Fidesz-Partei hält dort seit mehr als drei Jahrzehnten eine Sommerakademie ab. Orban, der ein Fidesz-Mitbegründer ist, hält dort traditionell die Abschlussrede. Zu Beginn versuchten rumänische Nationalisten Orbans Rede zu stören. Sie riefen: «Siebenbürgen bleibt für ewig rumänische Erde!» Die rumänische Polizei führte sie ab.

dpa