Er soll Kinder im Internet dazu gebracht haben, sich selbst weh zu tun – bis hin zum Suizid. Vor einem Monat wurde der 20-Jährige festgenommen. Doch schon Jahre zuvor gab es Hinweise.
Pädo-Sadist «White Tiger» war Polizei schon 2021 bekannt

Die Hamburger Polizei hat bereits 2021 gegen den als «White Tiger» auftretenden Pädo-Sadisten ermittelt, der im Internet Kinder sexuell missbraucht und in den Suizid getrieben haben soll. Nach Berichten von «Zeit» und «Hamburger Morgenpost» waren die Ermittler durch einen Hinweis des US-amerikanischen National Center for Missing & Exploited Children (NCMEC) auf den mittlerweile 20-jährigen Deutsch-Iraner aufmerksam geworden.
Die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Besitz jugendpornografischer Aufnahmen seien damals nach einer Vernehmung des Verdächtigen wegen Geringfügigkeit eingestellt worden, bestätigte die Staatsanwaltschaft der dpa die Angaben.
Der Verdächtige wurde erst vor etwa einem Monat in Hamburg in der elterlichen Wohnung unter anderem wegen Mordverdachts festgenommen. Er befindet sich nun in Untersuchungshaft im Jugendgefängnis auf der Elbinsel Hahnöfersand bei Jork in Niedersachsen.
Verdächtiger chattete mit zwei Minderjährigen
Den Hinweis aus den USA hatte das Bundeskriminalamt demnach 2021 an das Hamburger LKA weitergegeben. Bei einer Vernehmung habe der damals 16-Jährige zugegeben, als «White Tiger» mit zwei minderjährigen Userinnen auf der Plattform Discord Chats mit jugendpornografischen Inhalten geführt zu haben. Zudem hätten die Chats mit einer der Minderjährigen auch Aufforderungen zu selbstverletzenden Handlungen sowie die Bestärkung eines vom Opfer selbst geäußerten suizidalen Gedankens enthalten.
Die Staatsanwaltschaft hat auch bestätigt, dass der heute 20-Jährige bereits damals in dem NCMEC-Bericht als Mitglied der sadistischen Internet-Gruppe 764 genannt wurde.
Heute wird ihm unter anderem Mord, versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung, teils schwerer sexueller Missbrauch von Kindern sowie Besitz von kinderpornografischen Dateien vorgeworfen. Er soll der Anführer einer Gruppe von Cyberkriminellen sein, die aus sexuellen Motiven heraus acht Kinder im Alter von elf bis 15 Jahren im Internet dazu gebracht haben, sich selbst Gewalt anzutun.
Den Informationen der Ermittlungsbehörden zufolge stammen die Kinder aus Deutschland, England, Kanada, den USA, zwei aus Hamburg und eins aus Niedersachsen. Ein 13-jähriger US-Amerikaner wurde angeblich zum Suizid getrieben. Eine 14-jährige Kanadierin hat offenbar versucht, sich das Leben zu nehmen.
«White Tiger» kam mit seiner Mutter zur Polizei
Wie jetzt durch die Recherchen von «Mopo» und «Zeit» bekanntwurde, war nach dem MCMEC-Report zunächst die Mutter des Verdächtigen vorgeladen worden, weil unklar war, wer von den an der Wohnanschrift gemeldeten vier Personen die Dateien im Internet hochgeladen hatte, und sie die Anschlussinhaberin war.
Im November 2021 erschien sie zusammen mit ihrem Sohn bei der Polizei. Nach rechtlicher Belehrung gab dieser die Tat zu und wurde kurz darauf erneut vernommen. Drei Tage später wurde das Ermittlungsverfahren gegen den 16-Jährigen wegen Geringfügigkeit eingestellt, wie die Staatsanwaltschaft bestätigte.
764 gilt als extremistisches Netzwerk
Die Gruppe 764 wurde im April von der Staatsanwaltschaft des Distrikts Washington als nihilistisches extremistisches Netzwerk eingestuft. Laut einer Mitteilung agiert das Netzwerk online und richtet sich hauptsächlich gegen Kinder, wobei es über Untergruppen verfügen soll.
764 ist laut einem Bericht der «Washington Post», die sich auf Angaben des FBI bezieht, Teil der Postleitzahl der texanischen Stadt Stephenville – der Heimatstadt des Netzwerkgründers, der nach Angaben der Hamburger Staatsanwaltschaft in den USA zu 80 Jahren Haft verurteilt wurde.