Die neue Chefin der Bahn steht bereits fest – jetzt braucht es noch eine Strategie für den kriselnden Konzern. Diese will der Verkehrsminister am Montag vorstellen.
Schnieder plant Bahn-Umbau mit neuer Chefin und Sanierung

Nachdem die zukünftige Bahn-Chefin bekannt wurde, plant Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU), am Montag seine Langzeitstrategie für den kriselnden Konzern vorzustellen. Dabei wird es voraussichtlich auch um weitere Personalfragen und eine allgemeine Neuaufstellung des Bahnvorstands gehen.
Am Wochenende wurde bekannt, dass die bisherige Chefin der Bahn-Regionalverkehrstochter DB Regio, Evelyn Palla, den Gesamtkonzern in Zukunft leiten soll. Sie tritt die Nachfolge des bisherigen Bahnchefs Richard Lutz an, dessen Abgang Mitte August bekannt gegeben wurde. Palla muss noch vom Bahn-Aufsichtsrat ernannt werden. Dieser wird am Dienstag und Mittwoch tagen.
Die Personalie ist ein wichtiger Teil der Neuaufstellung des Bahnvorstands. Weitere Entscheidungen wird Schnieder voraussichtlich im Rahmen seiner Bahnstrategie am Montag bekannt geben. Es wird erwogen, das Führungsgremium zu verkleinern und einige Ressorts abzuschaffen.
Weiterer Vorstandsumbau offen
Es ist unklar, ob es auch bei der Netzgesellschaft DB InfraGo einen Wechsel in der Führungsebene geben wird. Der aktuelle Leiter der Infrastruktur-Tochter, Philipp Nagl, wird als Experte auf diesem Gebiet angesehen. Derzeit ist er für die sogenannte Generalsanierung verantwortlich, die eine umfassende Modernisierung von mehr als 40 stark frequentierten Fernverkehrsstrecken umfasst.
Der wichtige Posten des Finanzvorstands ist weiterhin vakant. Seit dem Weggang von Finanzchef Levin Holle ins Bundeskanzleramt liegt die Verantwortung dafür bei Personalvorstand Martin Seiler.
Die umfassende Renovierung ist Teil eines größeren Sanierungsprogramms, mit dem der bisherige Bahnchef, Richard Lutz, versucht hatte, die Finanzen, die marode Infrastruktur sowie die hohe Unpünktlichkeit im Bahnbetrieb in den Griff zu bekommen. Mit der umfassenden Renovierung sollten in den nächsten Jahren nach und nach die Züge wieder pünktlicher fahren. Zudem hat Lutz harte Sparmaßnahmen eingeführt und mit dem Verkauf der gut laufenden Logistiktochter DB Schenker den Milliarden-Schuldenberg der Bahn etwas reduziert.
Fahrgäste spürten bisher wenig von den Maßnahmen
Jedoch haben die Fahrgäste bisher wenig davon gespürt. Die Pünktlichkeitsquote im Fernverkehr lag im ersten Halbjahr deutlich unter den Konzernzielen. Aufgrund hoher Trassenpreise, einer Art Schienenmaut, drohen nach Ansicht der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) außerdem höhere Fahrpreise und eine Reduzierung des Angebots.
Schnieder hat angekündigt, bei seiner Strategie die Fahrgäste stärker in den Fokus zu nehmen. Der Titel: «Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene». Erwartet wird, dass der Bund als Eigentümer die Deutsche Bahn künftig enger steuern will. Im Blickpunkt steht die Infrastruktur-Sparte InfraGo, die unabhängiger vom Konzern werden soll. Denkbar ist auch, dass der Bund der Bahn konkrete Vorgaben macht, welche Quote die Pünktlichkeit erreichen soll.
Offene Fragen bei InfraGo und Finanzierung
Die InfraGo wurde vor einigen Jahren gegründet und verpflichtet sich neben der Wirtschaftlichkeit auch dem Gemeinwohl. Stimmen aus der Branche fordern schon seit langem eine eigenständigere Netzgesellschaft. Es wurde lange über eine vollständige Trennung von Netz und Betrieb diskutiert. Die neue Bundesregierung hat dies jedoch ausgeschlossen, daher wird es keine Rolle in Schnieders neuer Strategie spielen. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist jedoch die Rede davon, die DB InfraGO weiter vom Konzern zu entflechten.
Auch in Bezug auf die Finanzierung der Bahn gibt es noch offene Fragen, besonders in Bezug auf die Sanierung des bestehenden Netzes sowie den Neu- und Ausbau von Strecken. Obwohl in den kommenden Jahren so viele Milliarden wie nie zuvor über das schuldenfinanzierte Sondervermögen der Bundesregierung in das Schienennetz fließen werden, hatte der scheidende Bahnchef Richard Lutz zuletzt immer wieder betont, dass die Mittel dennoch nicht ausreichen dürften, um die Bahn im Sinne einer nachhaltigen Verkehrswende mit deutlich mehr Güter- und Personenverkehr auf der Schiene zukunftsfest zu machen.
Laut Schnieders fehlen bis 2029 rund 2,5 Milliarden Euro für den Neu- und Ausbau von Bahnstrecken. Es ist unklar, welche Auswirkungen dies auf geplante Neubaustrecken haben wird.
Greenpeace fordert Neuausrichtung
Greenpeace hat gefordert, dass die Deutsche Bahn eine grundlegende Neuausrichtung durchführt. «Der katastrophale Zustand der Deutschen Bahn ist das Spiegelbild fehlender Steuerung durch die Eigentümerin. Hier muss eine neue Strategie ansetzen», kritisierte Greenpeace-Mobilitätsexpertin Lena Donat. Die neue Strategie sollte auf Wachstum ausgerichtet sein und Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern.
Die Sanierung, die nun endlich angestoßen wurde, sei dafür die Voraussetzung, betonte Donat, aber das Wachstum könne nur durch ein größeres Netz und ein klares Ziel sichergestellt werden.