Senioren ab 75 Jahren sitzen zwar weniger am Steuer als jüngere Autofahrer, sind aber gemessen an ihrer Fahrleistung öfter in schwere Unfälle verwickelt. Was sind die Gründe?
Senioren am Steuer: Unfallzahl steigt deutlich

Laut den Versicherern sind immer mehr ältere Menschen in Deutschland in schwere Unfälle verwickelt, wenn sie Auto fahren. Im Jahr 2023 waren 21.500 Autofahrer im Alter von 75 Jahren und älter an Verkehrsunfällen mit Toten und Verletzten beteiligt. Dies entspricht einem Anstieg um 26 Prozent im Vergleich zu 2013, so der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Die Unfallforschung des Verbands berichtete von einer Entwicklung, die gegen den allgemeinen Trend ging: Zwischen 2013 und 2023 ist die Gesamtzahl schwerer Unfälle mit beteiligten Autofahrern um zwölf Prozent auf etwa 303.800 gesunken. Im letzten Jahr gab es laut Statistischem Bundesamt mit 2.780 Verkehrstoten den drittniedrigsten Wert seit Beginn der Erfassung im Jahr 1953. Autofahren ist seitdem immer sicherer geworden.
Wie viele ältere Menschen besitzen einen Führerschein?
Statistisch gesehen sind ältere Menschen vergleichsweise selten in Verkehrsunfälle mit Personenschaden verwickelt. Zahlenmäßig sitzt die Gruppe der Berufstätigen viel häufiger am Steuer von Fahrzeugen. Aber: «Auf Deutschlands Straßen sind Ältere immer mehr unterwegs», sagte die Leiterin der Unfallforschung, Kirstin Zeidler, laut Mitteilung des Verbands.
Das lässt sich zum Beispiel in der Zahl Älterer mit einer Fahrerlaubnis ablesen. «Gab es 2015 noch knapp 2,5 Millionen Führerschein-Besitzer in der Generation 75plus, waren es 2024 mit fast 5,9 Millionen mehr als doppelt so viele», erläuterte Zeidler. Besonders gewachsen sei die Gruppe der Frauen in dem Zeitraum mit einem Führerschein – von 700.000 auf 1,9 Millionen.
Manchmal ist es notwendig, ein eigenes Auto zu haben, wenn man auf dem Land lebt, da der Bus selten fährt. Es ist auch immer selbstverständlicher mobil zu sein. Gleichzeitig wird die Bevölkerung in Deutschland immer älter.
Wie ist das Unfallrisiko bei Älteren?
Das Risiko, dass ältere Menschen in Unfälle verwickelt sind, steigt entsprechend. Laut einer Analyse der Versicherer waren im Jahr 2023 drei von vier Unfallbeteiligten über 75 Jahre selbst für den Unfall verantwortlich (77 Prozent). Insgesamt waren sie in 16.468 Fällen die Hauptverursacher, was einem Anstieg von 28 Prozent im Vergleich zu 2013 entspricht.
Das Statistische Bundesamt hatte kürzlich Daten für 2023 zu diesem Thema analysiert. Laut diesen Daten wurden älteren Fahrerinnen und Fahrern von Autos beispielsweise häufiger als den unter 65-Jährigen vorgeworfen, die Vorfahrt anderer Fahrzeuge missachtet zu haben.
Untersuchungen zu Unfallrisiken
Laut den Versicherern erhöht sich ab dem 75. Lebensjahr das Unfallrisiko signifikant, da Aufmerksamkeit, Konzentration und Reaktionsgeschwindigkeit allmählich nachlassen. Dies zeigt sich in komplexen Situationen an Kreuzungen mit vielen Fußgängern, Autos und Radfahrern oder auf ungewohnten Strecken.
Immer wieder wird debattiert, ob Personen ab einem bestimmten Alter auf ihre Fahrtauglichkeit untersucht werden sollten. Das EU-Parlament hat sich kürzlich gegen obligatorische medizinische Untersuchungen ausgesprochen. Auch die Idee, dass Führerscheine von Personen über 70 alle fünf Jahre erneuert werden sollten, wurde vorerst verworfen.
Sind Auffrischungskurse sinnvoll?
Es bleibt also weiterhin bei der Freiwilligkeit. Ein Beispiel dafür sind die Auffrischungskurse, die von Fahrschulen angeboten werden. Ebenso wird für sogenannte Rückmeldefahrten geworben, bei denen Senioren von einem Fachmann bei einer Fahrt begleitet werden, der dann Feedback zur Fahrweise gibt.
«Fahrende erhalten nach einer 45-minütigen Fahrt im eigenen Auto eine vertrauliche Rückmeldung von Experten und können ihr Fahren anpassen, etwa unbekannte Strecken oder Stoßzeiten meiden», warb auch die Unfallforscherin Zeidler dafür. Entscheidend sei, dass das Ergebnis keine Folgen für den Führerschein habe. Das steigere die Akzeptanz.