Jannik Sinner verhindert den dritten Wimbledon-Titel von Carlos Alcaraz in Serie. Mit dem epischen Duell in Paris kann das Finale nicht mithalten. Ein Kuriosum bringt den Sieger nicht aus dem Tritt.
Sinner triumphiert in Wimbledon und entthront Alcaraz
Jannik Sinner breitete seine Arme sekundenlang aus, ging in die Knie und klopfte immer wieder auf den Rasen. Er feierte ergriffen seinen ersten Sieg in Wimbledon und verhinderte damit den Titel-Hattrick von Carlos Alcaraz beim Rasen-Klassiker. Der 23-jährige Italiener gewann das mit Spannung erwartete Finalduell der derzeit besten Tennisprofis mit 4:6, 6:4, 6:4, 6:4 und sicherte sich seine vierte Grand-Slam-Trophäe.
Der Spieler, der auf Platz eins der Weltrangliste steht, gelang somit die erfolgreiche Revanche für das epische Endspiel der French Open vor gut einem Monat, das er in fünf Sätzen nach fünfeinhalb Stunden gegen den Spanier Alcaraz verloren hatte.
Vor Prinz William und Prinzessin Kate sowie dem spanischen König Felipe VI. konnte das Finale jedoch nicht immer mit der Spannung und dem Niveau des Showdowns in Paris mithalten. Besonders Alcaraz zeigte ungewohnte Schwächen, die Sinner eiskalt ausnutzte.
Alcaraz bleibt hinter Becker
Sinner besiegte den 22-jährigen Alcaraz erstmals nach fünf vorherigen Niederlagen. Es war der erste Titel des Südtirolers seit den Australian Open und seiner darauf folgenden Dopingsperre. 40 Jahre nach Boris Beckers erstem Wimbledon-Triumph verpasste es Alcaraz jedoch, sowohl bei Erfolgen im All England Club (3) als auch bei Grand Slams (6) mit der deutschen Legende gleichzuziehen.
Beim Finale in Wimbledon wurde der Generationenwechsel im Welttennis endgültig vollzogen. Zum ersten Mal seit 2002 spielten weder Novak Djokovic, der im Halbfinale von Sinner besiegt wurde, noch die bereits zurückgetretenen Roger Federer, Rafael Nadal und Andy Murray um den Titel.
Im Endspiel von Paris vor gut einem Monat hatte Alcaraz auf Sand noch drei Matchbälle abgewehrt. «Ich bin mir sehr sicher, dass er einiges aus dem French-Open-Finale mitgenommen hat, dass er jetzt physisch und mental besser sein wird», sagte der Spanier vor dem Duell.
Kate und William applaudieren im Stehen
Sinner demonstrierte dies sofort zu Beginn mit aggressivem Tennis. Er griff früh den zweiten Aufschlag von Alcaraz an, setzte den Spanier unter Druck und brach ihm erstmals beim Stand von 3:2 das Aufschlagspiel ab.
Auch Alcaraz steigerte das Tempo und die Präzision in den langen Ballwechseln, um das Break zurückzuholen. Sinner schien angeschlagen zu sein, geriet zunehmend in die Defensive und verlor vier Spiele in Folge. Beim Satzball konterte Alcaraz eine krachende Vorhand des Südtirolers die Linie entlang per Rückhand im Ausfallschritt – auch Kate und William applaudierten wie ihre Kinder George und Charlotte im Stehen.
Sinner muss Champagnerkorken entsorgen
Sinner rutschte zweimal auf dem ausgetretenen Gras hinter der Grundlinie aus, aber ließ sich davon nicht aus dem Konzept bringen, genauso wenig wie von der kuriosesten Szene des Finals: Der Korken einer Champagnerflasche eines Fans landete knapp neben ihm, als er aufschlagen wollte, und wurde von Sinner entsorgt.
Im zweiten Satz führte der Italiener erneut mit 4:2, gab den Vorsprung jedoch diesmal nicht ab. Durch drei beeindruckende Konter holte er sich sein Aufschlagspiel zum 6:4 und ballte entschlossen die Hand zur Faust.
Alcaraz stand vor dem Finale fast fünf Stunden länger auf dem Platz als Sinner in diesem Turnier. Sinner trug wieder einen weißen Armling, nachdem er sich im Achtelfinale am rechten Ellenbogen verletzt hatte.
Sinner und Alcaraz gewinnen alle Grand-Slam-Titel seit Anfang 2024
Der einzige, der von Kräfteverschleiß betroffen war, war Alcaraz. Verzweifelt versuchte der Spanier, mit Stoppbällen den Rhythmus von Sinner zu unterbrechen. Doch dieser durchkreuzte den Plan immer wieder mit seiner Laufstärke. Sinner agierte immer souveräner, schlug besser auf, nachdem ihm zwei Sätze lang kein Ass gelungen war. Es wurde zeitweise spektakulär: Sinner spielte einen Volley durch die Beine, schlug den Überkopfball danach jedoch ins Aus.
Trotzdem gewann er den dritten Satz und sicherte sich auch im vierten Satz mit einem Rückhandwinner das frühe Break zum 3:1. Kurz darauf geriet Sinner noch einmal ins Straucheln, aber nach 3:04 Stunden durfte er jubeln.
Seit Beginn der Saison 2024 haben die beiden alle Grand-Slam-Titel unter sich aufgeteilt, Sinner hat in dieser Zeit vier gewonnen, Alcaraz drei. Ihr Zeitalter dürfte gerade erst begonnen haben.