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Kirche rollt durch die Stadt – Umzug wegen Erdrutschgefahr

In Nordschweden rollt eine 672 Tonnen schwere Kirche durch die Stadt. Wegen des Bergbaus muss der Ortskern von Kiruna verlegt werden. Jetzt ist die Kirche an der Reihe – und Tausende schauen zu.

Ein Rahmenprogramm begleitet die Umsiedlung der Kirche.
Foto: Fredrik Sandberg/TT News Agency/AP/dpa

Es ist kurz nach 8 Uhr morgens und in Kiruna, der nördlichsten Stadt Schwedens, gibt es mehr Aufregung als üblich. Tausende Menschen haben sich in der Nähe der historischen Holzkirche versammelt, viele Männer in gelben Warnwesten sind unterwegs, das schwedische Fernsehen überträgt live aus der Kleinstadt.

Bischöfin Åsa Nyström hat soeben die Kirche gesegnet und jetzt geht es los: Das 672 Tonnen schwere Gotteshaus soll umgesiedelt werden – im Ganzen, einige Kilometer Richtung Osten. Am Dienstagmorgen setzt sich der speziell konstruierte Transporter mit dem etwa 40 Meter breiten und 40 Meter langen Gebäude also in Bewegung. Beim Fernsehsender SVT ist den ganzen Vormittag zu sehen, wie die Kirche im Schneckentempo durch Kiruna bugsiert wird.

Eine ganze Stadt zieht um

Die Kirche ist nicht das erste Gebäude in Kiruna, das umziehen muss. Die Stadt hat bereits vor einigen Jahren begonnen, den Ortskern nach Osten zu verlagern. Der Grund dafür ist, dass sich in Kiruna die größte unterirdische Eisenerzgrube der Welt befindet und durch den Bergbau im Laufe der Jahre das Risiko von Erdrutschen und Gebäudeeinstürzen erhöht hat.

Etwa 6.000 Bewohner werden umgesiedelt, was etwa einem Drittel der Bevölkerung von Kiruna entspricht. Hinzu kommen zahlreiche Geschäfte, öffentliche Einrichtungen wie Schulen und das Krankenhaus – sowie die Kirche. Bis zum Jahr 2035 soll die Umsiedlung von Kiruna endgültig abgeschlossen sein.

Der Kirchenumzug ist jedoch etwas Außergewöhnliches für die Stadt im Norden. Die Kiruna kyrka, wie sie auf Schwedisch genannt wird, wurde 1912 eingeweiht und ist nicht nur das größte Gebäude, das umgesiedelt wird, sondern auch ein Wahrzeichen der Stadt. Im Jahr 2001 wurde sie zum schönsten Gebäude in ganz Schweden gewählt. Sie wurde im nationalromantischen Stil erbaut und vereint Einflüsse norwegischer Stabkirchen mit denen der samischen Koten. Kiruna befindet sich im traditionellen Siedlungsgebiet des indigenen Volkes der Samen.

Großes Spektakel begleitet den Kirchenumzug

Sogar der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson äußerte sich zur Umsiedlung der Kirche. Zur Nachrichtenagentur TT sagte er: «Der Umzug symbolisiert sowohl den Respekt vor unserem gemeinsamen Kulturerbe als auch die Bedeutung der schwedischen Bergbauindustrie, die unser Land reich und stark gemacht hat.»

Gegen Mittag zeigt sich Projektleiter Kjell Olovsson zufrieden mit dem «Großen Kirchenumzug», wie das schwedische Fernsehen die komplizierte Operation nennt: «Alles läuft reibungslos und die Konstruktion verhält sich genau so, wie wir es erwartet haben.»

Der Umzug soll am Mittwoch abgeschlossen sein. Bis dahin gibt es noch einiges zu tun in der nordschwedischen Stadt: Ein samischer Chor wird auf der eigens für das Großevent errichteten Bühne auftreten – genauso wie die Spaßband KAJ, die beim diesjährigen Eurovision Song Contest für Schweden angetreten ist. Selbst König Carl XVI. Gustaf will sich das Spektakel nicht entgehen lassen – er wird am Mittwoch in Kiruna erwartet.

dpa