Ein auf Drogenverfahren spezialisierter Staatsanwalt soll Informationen an eine internationale Kokain-Bande verkauft haben. Jetzt sitzt der Jurist aus Hannover selbst auf der Anklagebank – erstmals.
Staatsanwalt vor Gericht – Jurist äußert sich ab Mai
Ein Staatsanwalt aus Hannover soll Informationen an eine internationale Bande von Kokain-Händlern verkauft haben – dafür steht er nun selbst vor Gericht. Sein Verteidiger Timo Rahn sagte zu Prozessbeginn, dass der angeklagte Jurist nicht der Informant aus den Behörden sei. Er kündigte an, dass sein 39 Jahre alter Mandant ab Mai selbst umfassend aussagen werde.
Boxtrainer wegen Beihilfe mitangeklagt
Schon vor Prozessbeginn hatte Rahn der Deutschen Presse-Agentur gesagt: «Die aktuellen Anklagevorwürfe werden von meinem Mandanten vollständig bestritten.» Es gilt die Unschuldsvermutung. Seit Ende Oktober 2024 sitzt der 39-Jährige in Untersuchungshaft. Konkret vorgeworfen werden ihm 14 Fälle von besonders schwerer Bestechlichkeit sowie Verletzung des Dienstgeheimnisses und Strafvereitelung im Amt.
Der 41-jährige Boxtrainer wird mitangeklagt, weil er in zwölf Fällen als Mittelsmann für Bestechung fungiert haben soll. Die Taten sollen sich zwischen Juni 2020 und März 2021 ereignet haben. Beide Angeklagte sind Deutsch-Iraner.
Prozess beginnt unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen
Die Staatsanwaltschaft Osnabrück erhob die Anklage. Ende 2024 hatte die Behörde das Verfahren von der Staatsanwaltschaft Hannover übernommen, die zuvor lange gegen den mutmaßlich korrupten eigenen Kollegen ermittelt hatte.
Der Ablauf begann mit einer leichten Verzögerung und strengeren Sicherheitsmaßnahmen. Bevor sie den Schwurgerichtssaal betreten durften, wurden Medienvertreter, Zuhörer und Prozessbeteiligte durchsucht.
Verfahren zwischenzeitlich eingestellt
Ihre Quelle in der Anklagebehörde hat sie gewarnt, dass führende Mitglieder der Kokain-Bande ins Ausland geflohen sind. Die meisten von ihnen sind noch immer auf freiem Fuß. Ein 39-jähriger Dezernent der Betäubungsmittel-Abteilung der Staatsanwaltschaft Hannover soll 65.000 Euro von den Kokain-Händlern erhalten haben.
Im Juni 2022 wurde ein Ermittlungsverfahren gegen den Staatsanwalt eingeleitet, im November 2022 durchsuchten Fahnder seine Wohnung und seine Diensträume. Das Verfahren wurde im Oktober 2023 eingestellt – weil sich der Anfangsverdacht nach Angaben des niedersächsischen Justizministeriums zunächst nicht erhärtet hatte. Im Juni 2024 wurde das Verfahren gegen den Staatsanwalt wiederaufgenommen.
Urteil möglicherweise im September
Der Prozess ist zunächst auf 21 Verhandlungstage angesetzt. Nach diesem Zeitplan könnte das Urteil am 12. September verkündet werden. Bei einer Verurteilung wegen Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall drohen Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren.