Die Kunst des lockeren Gesprächs ist ohnehin nicht sehr populär in Deutschland. Doch geht sie womöglich ganz verloren? Eine neue Umfrage zeigt: Besonders junge Leute meiden Small-Talk-Situationen.
Stirbt der Small Talk aus?
Laut einer repräsentativen Yougov-Umfrage im Auftrag von Babbel sind die Deutschen nach wie vor keine Fans von Small-Talk. Obwohl leichte, beiläufige Konversation für viele Erwachsene in Deutschland zum Alltag gehört, wird sie häufig als unangenehm empfunden.
Besonders jüngere Menschen empfinden Small Talk als oberflächlich oder sogar als Zeitverschwendung, während sich Personen über 55 Jahren damit viel wohler fühlen.
Der Aussage «Ich fühle mich in Small-Talk-Situationen besonders wohl, weil ich nicht zu viel von mir selbst preisgeben muss» stimmen insgesamt 39 Prozent zu. Bei den Jüngeren (18 bis 24 Jahre) sind es jedoch nur 24 Prozent, bei den Menschen ab 55 Jahren immerhin 44 Prozent.
Der Aussage «Ich fühle mich in Small-Talk-Situationen unwohl» stimmen 48 Prozent der Jüngeren zu, bei den über 55-Jährigen sind es lediglich 17 Prozent. Insgesamt sind es 24 Prozent.
Junge Erwachsene, die online oft sicher sind, scheinen im persönlichen Gespräch Schwierigkeiten zu haben. Für die sogenannte Generation Z (ungefähr diejenigen, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden) scheint die spontane Unterhaltung im wirklichen Leben eher eine Herausforderung zu sein als für Boomer.
Die sogenannte Gen Z meidet häufiger Small-Talk-Situationen
18- bis 24-Jährige bewerten Small Talk auch am häufigsten als oberflächlich (rund 43 Prozent) und als zeitverschwendend (40 Prozent). Rund 39 Prozent von ihnen bejahen außerdem die Aussage «Ich versuche, Small-Talk-Situationen so oft es geht zu vermeiden». Bei den über 55-Jährigen sind es nur 21 Prozent.
Die Umfrage zeigt insgesamt eine zwiespältige Einstellung: Small Talk wird als wichtiges Mittel für soziale Bindungen und berufliche Kommunikation betrachtet und als eine Art Türöffner angesehen, aber auch als oberflächlich. In den USA oder in England würde man das vermutlich seltener hören.
Sex als Small-Talk-Thema ist nicht für alle tabu
Die Umfrage mit über 2.000 Befragten ergab noch weitere interessante Ergebnisse:
- Männer (30 Prozent) geben häufiger an, Small Talk zu vermeiden als Frauen (24 Prozent). Sie empfinden ihn auch öfter als Zeitverschwendung (25 versus 19 Prozent).
- Die Studie zeigt Vorlieben: Wetter steht als Small-Talk-Thema klassisch oben, gefolgt von Freizeit und Reisen – Themen, die als unverfänglich gelten. Persönlichere Inhalte wie Sexualität, Finanzen oder Beziehungen werden dagegen als zu heikel für ein lockeres Gespräch empfunden.
- Jüngere halten intimere Themen häufiger für «geeignet», während Ältere eher zu Klassikern wie Wetter und Sport greifen. So sagen etwa 28 Prozent der 18- bis 24-Jährigen «Beziehung und Partnerschaft» seien «geeignet» als Small-Talk-Thema; bei den Menschen über 55 sind es nur 17 Prozent.
- «Sexualität» finden immerhin 12 Prozent der jungen Erwachsenen als Small-Talk-Thema «geeignet», in der Ü55-Gruppe sind es nur 8 Prozent. Beim Thema Sex erscheinen die 25- bis 34-Jährigen am offensten: 17 Prozent in dieser Altersgruppe finden es für eine kleine Konversation «geeignet».
Die Sprachexpertin Maren Pauli (Head of Didactics) vom Auftraggeber Babbel ordnet die Ergebnisse wie folgt ein: «Wer in sozialen Medien daran gewöhnt ist, schnell auf den Punkt zu kommen oder sehr persönliche Inhalte zu teilen, empfindet Small Talk im echten Leben oft als Hürde – nicht als Hilfe.»
Außerdem sagt Pauli: «Junge Menschen haben scheinbar weniger Erfahrung mit spontanen Gesprächen im analogen Raum – das legt nahe, dass sie sich im direkten Austausch unsicherer fühlen.»