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Streit um Bahnchef-Posten – Machtkampf im Aufsichtsrat

Heftiger Gegenwind für den Bahn-Neustart: Die EVG will im Aufsichtsrat gegen die Berufung der neuen Bahnchefin stimmen. Dabei hat die Gewerkschaft gar nichts gegen Palla.

Bei der Aufsichtsratssitzung im Bahntower kommt es am Dienstag zum Machtkampf zwischen der EVG und dem Bundesverkehrsminister. (Archivbild)
Foto: Paul Zinken/dpa

Der Wechsel an der Spitze der Deutschen Bahn wird heute im Aufsichtsrat des bundeseigenen Konzerns diskutiert. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) plant, gegen die Ernennung der designierten neuen Bahnchefin Evelyn Palla zu stimmen. Obwohl die Gewerkschaft den Wechsel an der Spitze nicht verhindern kann, gestaltet sich der von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) angekündigte Neustart bei der Deutschen Bahn als schwierig.

Die EVG hat nichts gegen Palla einzuwenden, der erfolgreich die Sparte für den Regionalverkehr der Bahn saniert hat. Nach einem mehrwöchigen Auswahlprozess schlug Schnieder Palla am Montag als Wunschkandidatin für den Vorstandsvorsitz vor. Diese Entscheidung wurde von vielen positiv aufgenommen. Der Widerstand der Gewerkschaft richtet sich gegen eine andere Personalentscheidung des Ministers.

Schnieder strebt Chefwechsel bei der InfraGo an

Schnieder plant auch einen Wechsel an der Spitze der Infrastrukturtochter DB InfraGo. Dirk Rompf soll den bisherigen Verantwortlichen Philipp Nagl ablösen. Nagl wird als erfahrener Bahnexperte angesehen und als treibende Kraft hinter der umfassenden Sanierung, mit der die Hauptstrecken des veralteten Schienennetzes in den kommenden Jahren erneuert werden sollen. Rompf war zuvor bereits Leiter der damaligen Infrastruktursparte DB Netz. Zuletzt war er Geschäftsführer beim Beratungsunternehmen Ifok.

EVG-Chef Martin Burkert nannte Schnieders Entscheidung «grundfalsch». Für die Gewerkschaft ist Rompf verbunden mit der Amtszeit des umstrittenen Infrastrukturvorstands Ronald Pofalla. Diesem werfen Kritiker bis heute vor, das wahre Ausmaß des Verfalls der Infrastruktur mindestens verschwiegen und zu wenig dagegen getan zu haben. «Jeder Fahrgast spürt heute noch die Auswirkungen seiner schlechten Bilanz», sagte Burkert mit Blick auf Rompf. «Das ist kein Neustart.» 

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), die mit der EVG konkurriert, gibt an, keinen Grund zu haben, im Aufsichtsrat gegen Palla zu stimmen.

Machtprobe im Aufsichtsrat

Im Gremium für Kontrolle kommt es nun zu einem Machtkampf zwischen dem Bundesverkehrsminister und der EVG, die mit ihrer Ablehnung von Pallas ein Signal gegen die Ernennung von Rompf setzen möchte.

Zuletzt war nicht klar, ob für die Ernennung der neuen Bahnchefin eine Zweidrittelmehrheit oder eine einfache Mehrheit im Aufsichtsrat erforderlich ist. Falls eine Zweidrittelmehrheit notwendig wäre, könnte die Ablehnung der EVG ausreichen, um Palla zumindest im ersten Wahlgang zu blockieren.

Laut Burkert würde es erstmals in der Geschichte der Deutschen Bahn zu einer Sitzung des Vermittlungsausschusses und anschließend zu einer weiteren Abstimmung kommen. In diesem Fall wäre eine einfache Mehrheit erforderlich. Falls es zu einem Patt kommt, könnte Aufsichtsratschef Werner Gatzer Palla mit seiner doppelten Stimme zur Mehrheit verhelfen – auch gegen die Stimmen der EVG.

Holpriger Start für neue Strategie

Verkehrsminister Schnieder hat am Montag nicht nur die neuen Personalien vorgestellt, sondern auch seine Strategie präsentiert, wie die Bahn in den nächsten Jahren aus der Krise kommen soll. An der Generalsanierung hält er weiterhin fest. Allerdings soll die letzte Strecke nun erst im Jahr 2036 fertiggestellt werden, was etwa fünf Jahre später ist als ursprünglich geplant.

Schnieder hat das bisherige Pünktlichkeitsziel der Bahn von mindestens 70 Prozent im Fernverkehr im kommenden Jahr auf Ende 2029 verschoben. Außerdem plant er, die Infrastruktursparte InfraGo enger zu steuern. Der Konzernvorstand wird verkleinert und künftig nur noch sechs statt acht Ressorts umfassen. Infrastruktur und Technik werden als eigenständige Vorstandsbereiche abgeschafft.

Der Fahrgastverband Pro Bahn nannte die Ankündigungen Schnieders «erst mal ein Plänchen». Von einer Strategie könne erst dann die Rede sein, wenn das benötigte Geld freigegeben werde. Bereits in diesem Jahr habe es für die Bahn deutlich weniger Mittel gegeben, «als eigentlich notwendig wären». Bei der Pünktlichkeit hätte sich Pro Bahn mehr Ehrgeiz gewünscht.

dpa