Eine Jugendliche aus Berlin verschwindet, ihr Schwager gerät ins Visier. Doch Ermittlungen bleiben zunächst erfolglos. Wird der Fall nun doch noch gelöst?
Sechs Jahre vermisst – Was gibt es Neues im Fall Rebecca?

Seit über sechs Jahren ist Rebecca aus Berlin verschwunden – trotz intensiver Suchmaßnahmen, auch in Wäldern in Brandenburg. Die Ermittler gehen davon aus, dass die damals 15-Jährige ermordet wurde. Nun verfolgen sie einen neuen Ansatz, um Rebecca doch noch aufzuspüren.
Was hat den aktuellen Großeinsatz der Polizei ausgelöst?
Polizei und Staatsanwaltschaft sprechen davon, dass «nach zwischenzeitlich erlangten Erkenntnissen» Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der inzwischen 33 Jahre alte Hauptverdächtige Rebecca getötet haben könnte. Die Leiche sowie Rebecca gehörende Dinge könnte er demnach – zumindest vorübergehend – auf dem Grundstück seiner Großeltern im brandenburgischen Tauche gebracht haben. Bei dem Hauptverdächtigen handelt es sich um Rebeccas Schwager.
Laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft Michael Petzold wurde der Fall insgesamt noch einmal überarbeitet. Dabei wurden neue Erkenntnisse gewonnen. Diese waren ausreichend, um einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss zu erwirken, der schließlich zum Einsatz auf dem Grundstück der Großeltern des Hauptverdächtigen in Tauche führte.
Details nannte der Sprecher aus «ermittlungstaktischen Gründen» nicht. Ob möglicherweise andere Ermittler den Fall unter die Lupe genommen haben und auf neue Erkenntnisse stießen, ist unklar. Dazu machte Petzold keine Angaben.
Was geschieht bei dem Einsatz in Tauche?
Ursprünglich haben etwa 115 Beamte der Polizei und des Bundeskriminalamts das Anwesen der Großmutter des Hauptverdächtigen in der Gemeinde im Landkreis Oder-Spree durchsucht. Die 72-Jährige war laut Behörden am Montag anwesend. Leichenspürhunde, ein Bagger sowie Drohnen und Messgeräte, ein sogenannter Bodenradar, wurden verwendet.
Am zweiten Tag des Großeinsatzes war ein weiteres Grundstück in Herzberg, einem Ortsteil der Gemeinde Rietz-Neuendorf im Brandenburger Landkreis Oder-Spree, im Fokus. Die Großeltern des 33-Jährigen sollen bis 2005 auf dem etwa einem halben Hektar großen Grundstück gelebt haben. Der Verdächtige soll sich dort gut ausgekannt haben. Erneut wurden Leichenspürhunde eingesetzt. Auch ein nahe gelegenes Waldgrundstück sollte durchsucht werden.
Wann verschwand Rebecca und unter welchen Umständen?
Rebecca, damals 15 Jahre alt, übernachtet am 18. Februar 2019 bei ihrer Schwester und deren Mann in Britz, Berlin-Neukölln. Von dort aus sollte sie zur Schule gehen.
Der Schwager, der damals 27 Jahre alt war, war bei einer Feier und kehrte erst am frühen Morgen zurück. Rebeccas Schwester ging früh zur Arbeit. Als die Mutter anrief, um Rebecca zum Schulbesuch zu wecken, ging niemand ans Telefon. Seitdem fehlt von Rebecca jede Spur.
Warum verdächtigt die Polizei den Schwager?
Da die Mutter Rebecca an jenem 18. Februar nicht erreichen konnte, rief sie den Schwager an. Der Anruf wurde abgelehnt. Kurz darauf rief der 27-Jährige zurück und teilte mit, dass Rebecca bereits weg sei. Die Jugendliche kam weder in der Schule an noch kehrte sie nach Hause zurück.
An demselben Tag und am folgenden Tag wurde das Fahrzeug der Familie auf der A12 in Richtung Polen mit Hilfe eines Kennzeichenerfassungssystems erfasst – laut Staatsanwaltschaft auch in der Nähe von Tauche. Nach den Ermittlungen hatte außer dem Schwager niemand Zugriff auf den pinken Twingo.
Der Mann gab keine plausible Erklärung für die Fahrt ab. Die Polizei hatte früh einen Verdacht gegen ihn. Er wurde am 28. Februar 2019 festgenommen – jedoch bald darauf wieder freigelassen, da der Ermittlungsrichter keinen dringenden Tatverdacht feststellen konnte.
Die Staatsanwaltschaft akzeptierte das nicht und erreichte, dass der Verdächtige in Untersuchungshaft kam. Nach knapp drei Wochen kam er aber wieder frei. Die Entscheidung sei «im Hinblick auf die gegenwärtig bestehende Beweislage vertretbar», erklärte die Staatsanwaltschaft damals. Der Schwager blieb aber im Visier der Ermittler.
Was sagt der Schwager?
Der Mann bestreitet, Rebecca getötet zu haben. Er gibt an, Rebecca habe das Haus verlassen. Das konnte die Mordkommission anhand der Handydaten nicht feststellen. Sie geht davon aus, «dass Rebecca das Haus des Schwagers nicht lebend verlassen hat», wie die Staatsanwaltschaft mehrfach betonte.
Ob er aktuell erneut von der Polizei befragt wurde, ist unklar. Staatsanwaltschaftssprecher Petzold sagte dazu «aus ermittlungstaktischen Gründen» keine Angaben. Die Verteidigung des 33-Jährigen äußerte sich nicht auf eine Anfrage. Rebeccas Familie stand immer hinter ihm.
Was wurde unternommen, um Rebecca zu finden?
Seit dem Verschwinden von Rebecca sind bei der Polizei mehr als 3.200 Hinweise eingegangen. Im Oktober 2020 und Januar 2021 wurden in Berlin und Brandenburg Knochenfunde gemeldet. Es stellte sich jedoch heraus, dass sie zu Tieren gehörten. Vor etwa fünf Jahren entdeckten Jugendliche eine Decke und Knochen bei Kummersdorf in Brandenburg – auch diese standen nicht im Zusammenhang mit Rebecca, wie die Untersuchungen ergaben.
Seit dem Verschwinden von Rebecca hat die Polizei auch Waldgebiete entlang der Autobahn in Richtung Polen durchsucht – jedoch nicht das Grundstück der Großmutter.
Wie geht es nun weiter?
Bis Dienstagmittag gab die Staatsanwaltschaft keine Informationen darüber, ob bei den Durchsuchungen in Teiche Beweismittel entdeckt wurden. Es war unklar, wie lange der Einsatz südöstlich der Hauptstadt andauern sollte. Am zweiten Tag waren jedoch nur noch etwa halb so viele Polizisten vor Ort wie am Montag.
Die Ermittler hoffen auch auf Hinweise durch einen Zeugenaufruf zum Auto der Familie, einem pinken Twingo. Sie fragen, wer das Fahrzeug rund um den 18. Februar 2019 im Bereich der A12 Richtung Polen oder Tauche gesehen hat. Dazu wird auch ein Flyer verteilt werden.








