Volkswagen steht vor dem wohl größten Arbeitskampf seit Jahren. Heute sind Arbeitsniederlegungen an allen Standorten geplant. Der Konflikt um Lohnkürzungen und Werkschließungen spitzt sich damit zu.
Tarifstreit bei VW eskaliert: Flächendeckende Warnstreiks
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Mit flächendeckenden Warnstreiks an allen VW-Standorten macht die IG Metall heute gegen die milliardenschweren Sparpläne des Autobauers mobil. In allen Werken werde die Produktion «temporär auf Eis liegen», kündigte IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger an und warnte: «Wenn nötig, wird das einer der härtesten Konflikte, den Volkswagen je gesehen hat.» Volkswagen hat nach eigenen Angaben Vorkehrungen getroffen, um die Auswirkungen der befristeten Arbeitsniederlegungen gering zu halten.
Details zu dem geplanten Arbeitskampf nannte die IG Metall zunächst nicht. Erst am Wochenende war bei Europas größtem Autobauer die Friedenspflicht ausgelaufen, in der Streiks nicht erlaubt waren. «Nun folgen Warnstreiks, die das Unternehmen nicht übersehen kann», sagte Gröger. Mit dem Ausstand will die Gewerkschaft den Druck erhöhen.
VW will Notversorgung sicherstellen
Im Streit geht es um die Vergütung der etwa 120.000 Mitarbeiter in den Fabriken der Volkswagen AG, wo ein eigener Haustarif gilt. Zusätzlich gibt es mehr als 10.000 Mitarbeiter bei VW Sachsen, für die im Jahr 2021 eine Angleichung an den Haustarif vereinbart wurde.
VW hat bisher jede Erhöhung abgelehnt und verlangt stattdessen aufgrund der schwierigen Lage des Konzerns eine Lohnkürzung von zehn Prozent. Auch die Schließung von Werken und betriebsbedingte Kündigungen sind im Gespräch. Am 9. Dezember findet das nächste Tarifgespräch zwischen beiden Seiten statt.
Zu möglichen Ausfällen in der Produktion machte Volkswagen zunächst keine Angaben. Man wolle die Auswirkungen so gering wie möglich halten, sagte ein Sprecher. «Deswegen hat das Unternehmen bereits im Vorfeld gezielt Maßnahmen ergriffen, die eine Notversorgung sicherstellen.» Das Unternehmen setze weiterhin auf den konstruktiven Dialog mit der Arbeitnehmerseite, um eine nachhaltige und gemeinsam getragene Lösung zu erreichen
Drei Werke auf dem Prüfstand
Der Betriebsrat gibt an, dass mindestens drei Werke und Zehntausende Arbeitsplätze bedroht sind. VW erklärt die Einschnitte mit hohen Kosten und einer geringen Auslastung. Aufgrund der schwachen Nachfrage nach Neuwagen muss VW seine Sparbemühungen intensivieren. Der Betriebsrat berichtet von etwa fünf Milliarden Euro, die der Konzern zusätzlich einsparen will.
Das Unternehmen wies einen Gegenvorschlag der IG Metall für Kostenentlastungen ohne Werkschließungen und Personalabbau als unzureichend zurück. VW hatte zuvor erklärt, dass dem Konzern aufgrund der schwachen Nachfrage in Europa rund 500.000 Fahrzeuge fehlten, um alle Werke auszulasten. Das entspricht der Kapazität von zwei Fertigungsstandorten. Besonders gefährdet sind die Fabriken in Dresden und Osnabrück.
Mehr als 50.000 bei Warnstreikwelle 2018
Flächendeckende Warnstreiks an allen sechs großen Werken in Westdeutschland fanden zuletzt im Jahr 2018 statt. Laut IG Metall nahmen damals mehr als 50.000 Beschäftigte in Wolfsburg, Hannover, Emden, Kassel-Baunatal, Braunschweig und Salzgitter teil. Das VW-Werk in Osnabrück ist nicht vom Haustarif betroffen. Dort gab es bereits bei der Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie Warnstreiks.