Über Online-Spiele soll der Verdächtige Jugendliche kontaktiert haben. Er war wohl Mitglied einer Splittergruppe eines pädokriminellen Online-Netzwerkes, dem auch «White Tiger» angehörte.
Opfer zu Selbstverletzung genötigt? 16-Jähriger in U-Haft

Er ist noch ein Teenager und soll im Internet andere Jugendliche ins Visier genommen haben: Als Teil eines kriminellen Netzwerks soll ein 16-Jähriger aus Württemberg Opfer über Online-Spiele kontaktiert haben, um sie zu selbstverletzenden Handlungen zu verleiten.
Bei fünf Menschen sei ihm das gelungen, sagte ein Sprecher des Cybercrime-Zentrums Baden-Württemberg in Karlsruhe. Insgesamt habe der Verdächtige elf potenzielle und teils minderjährige Opfer kontaktiert. Der Fall erinnert an die Festnahme des als «White Tiger» bekannten Mordverdächtigen aus Hamburg.
Es wurde in der Mitteilung des Cybercrime-Zentrums bei der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe, des Polizeipräsidiums Ludwigsburg und des Landeskriminalamts Baden-Württemberg erwähnt, dass der Teenager im aktuellen Fall einer Splittergruppe des kriminellen Online-Netzwerkes 764 angehört.
«Es besteht der Verdacht, dass diese Gruppierung das Ziel verfolgt, möglichst viele Opfer durch gezielte Manipulation psychisch zu kontrollieren und diese dazu zu bringen, sich selbst zu verletzen», hieß es. Sie habe es insbesondere auf Kinder und Jugendliche abgesehen. Diese seien aus Sicht der Gruppierung besonders anfällig für Manipulationen.
Teenager in U-Haft
Der 16-Jährige wurde Anfang Oktober festgenommen, wie angegeben. Er stammt aus dem Bereich des Polizeipräsidiums Ludwigsburg, das die Landkreise Ludwigsburg und Böblingen im Norden und Westen von Stuttgart umfasst. Die Behörden machten keine weiteren Angaben dazu. Der Verdächtige wurde in Untersuchungshaft genommen.
Laut der Mitteilung wird dem Jugendlichen von den Ermittlern vorgeworfen, sich an einer kriminellen Vereinigung beteiligt zu haben und gefährliche Körperverletzung begangen zu haben. Außerdem wird behauptet, dass er kinderpornografische Inhalte besessen hat. Die elf Kontaktversuche hatten jedoch nach aktuellen Ermittlungen keinen sexuellen Hintergrund.
Mit Blut Symbole an die Wand schreiben
Die Mitglieder der Gruppierung bauen den Angaben zufolge im Internet – vor allem über Gaming-Plattformen und Online-Spiele – Freundschaften oder gar romantische Beziehungen zu den Opfern auf, um deren Vertrauen zu gewinnen. So wollten sie an intime oder kompromittierende Bilder und Videos kommen. «Es besteht der Verdacht, dass die Opfer unter Nutzung dieser Aufnahmen genötigt werden, immer extremere Handlungen vorzunehmen, um die Verbreitung des bereits existierenden Materials zu verhindern», hieß es.
Die Opfer sollen also gezwungen werden, sich mit Messern oder Rasierklingen Symbole der Gruppierung sowie den Nutzernamen des jeweiligen Mitglieds in die Haut zu ritzen oder mit ihrem Blut an eine Wand zu schreiben. Diese sogenannten Wall- oder Bloodsigns sollen die Opfer filmen oder fotografieren und das Material ihrem Peiniger übermitteln.
Das Netzwerk 764 und der Fall «White Tiger»
Zum Netzwerk 764 soll auch der im Juni in Hamburg festgenommene Mann gehört haben, der als «White Tiger» bekanntwurde. Der Deutsch-Iraner soll Kopf einer Gruppe sein, die zahlreiche Kinder im Internet sexuell missbraucht und gequält haben soll. Unter anderem habe er über das Internet einen 13-jährigen US-Amerikaner in den Suizid getrieben. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat den 21-Jährigen unter anderem wegen Mordes angeklagt.
Der 15 Jahre alte Gründer der Internetcommunity «764» wurde nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft in den USA zu 80 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. 764 ist laut einem Bericht der «Washington Post», die sich auf Angaben der US-Bundespolizei FBI bezog, Teil der Postleitzahl der texanischen Stadt Stephenville – der Heimatstadt des Netzwerkgründers.
Die Justiz in den Niederlanden hat einen 25-Jährigen angeklagt, den sie als Drahtzieher des sadistischen Terrornetzwerks No Lives Matters (Kein Leben zählt) und der Gruppe 764 auf Online-Plattformen wie Telegram und Discord ansieht. Letzte Woche wurden in Rotterdam zunächst Verfahrensfragen erörtert.








