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Teure Eintrittspreise: Im Libanon sind Strandbesuche Luxus

Im Libanon gibt es kaum Zugänge zu sauberen, kostenfreien Stränden. Die Küste gehört der reichen Oberschicht. Wer kein Geld hat, schwitzt zu Hause. Und auch dort gibt es nicht immer Wasser.

Der Eintritt zum Beiruter Strandclub "Sporting" kostet in diesem Jahr mindestens 30 Euro.
Foto: Marwan Naamani/dpa

Temperaturen um die 40 Grad, Luftfeuchtigkeit bei fast 60 Prozent: Die Menschen in der libanesischen Hauptstadt Beirut leiden im Sommer unter der glühenden Hitze. Eine Möglichkeit für die rund zwei Millionen Bewohner der Stadt mit wenig Grünflächen könnte ein Sprung ins verführerisch glitzernde Mittelmeer sein. Das Meer erstreckt sich entlang einer etwa fünf Kilometer langen, mit Palmen geschmückten Uferpromenade in Beirut. Doch wer in der Stadt in sauberem Wasser schwimmen möchte, muss dafür bezahlen. Und das nicht zu knapp.

Bis zu 50 Euro Strand-Eintritt

Der Eintritt bei den privaten Beachclubs in der Hauptstadt liegt unter der Woche im Durchschnitt zwischen 17 und 25 Euro. Am Wochenende können die Preise jedoch schnell auf bis zu 51 Euro steigen. Im Preis inbegriffen sind ein Sonnenschirm mit Liege und ein Pool zum Schwimmen. Aufgrund der Verschmutzung des Meeres entlang der Beiruter Küste ziehen es die Menschen vor, im Swimmingpool ihre Bahnen zu ziehen.

80 Prozent der Küste in privater Hand

«80 Prozent der libanesischen Küste sind nicht frei zugänglich», erklärt der Direktor der NGO Nahnoo, Mohammed Ajub, die sich für mehr öffentliche Plätze im Libanon einsetzt. Das bedeutet konkret: Ein Großteil der Küste ist belegt mit teuren Beachclubs, privaten Villen direkt am Meer oder Restaurants mit Meerblick. In den sozialen Medien wird die libanesische Küste als Mittelmeerjuwel romantisiert. Was nicht zu sehen ist: Die horrenden Preise, um sie erleben zu dürfen. 

Von der rund 220 Kilometer langen Mittelmeerküste des Libanons seien nur noch 40 Kilometer nicht privatisiert, sagt Ajub. «Aber das heißt nicht, dass dieser Rest wirklich frei verfügbar ist.» Oft würden an diesen Stellen Abwässer ins Meer geleitet oder Müll entsorgt, betont er.

Öffentliche Strände stark verschmutzt

Viele Familien haben keine andere Wahl, als genau an diesen Stellen zu baden, da sie sich die Eintrittsgelder für die saubereren Beachclubs nicht leisten können, sagt Ajub. Selbst das Benzingeld für Fahrten zu anderen Stränden außerhalb Beiruts – die teilweise geringere Eintrittsgelder verlangen oder sogar kostenlos sind – ist für die von der langanhaltenden Wirtschaftskrise stark betroffene Durchschnittsbevölkerung kaum erschwinglich.

Seit Ende 2019 befindet sich der Mittelmeerstaat in seiner schlimmsten Wirtschafts- und Finanzkrise in der Geschichte. Die Krise wird auf jahrzehntelange Korruption in Politik und Wirtschaft zurückgeführt.

Im Libanon gibt es kein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetzwerk. Daher ist ein Strandtag für viele Familien ein Luxus.

In Beirut ist der Stadtstrand Ramlet al-Baida – der «weiße Sandstrand», wie es übersetzt heißt – eine der wenigen öffentlichen Zugänge zum Meer. Wie bedenklich das Badengehen hier jedoch ist, zeigt der Jahresbericht zur Wasserqualität der libanesischen Strände des CNRS-Forschungsinstituts: Fast nirgendwo anders im Land ist das Wasser so verschmutzt wie hier. Das Institut rät dringend vom Baden ab. Tests hätten eine sehr starke bakterielle Verschmutzung gezeigt.

Ajub, Direktor von Nahnoo, behauptet, dass es im Libanon keinen politischen Willen gibt, den Zustand der Strände zu verbessern oder mehr öffentlichen Zugang zu sichern.

Libanon trockener denn je

Im Libanon leidet wie viele Länder in der Region unter der schlimmsten Dürre seit Jahren. Der Staat schafft es nicht, die Haushalte dauerhaft und regelmäßig mit ausreichend Wasser zu versorgen. Anwohner, die es sich leisten können, kaufen Wasser von privaten Anbietern hinzu. Doch das ist nicht für alle erschwinglich. Daher werben Fitnessstudios im Libanon nicht mehr nur mit Sportprogrammen, sondern auch mit Duschen für ihre Besucherinnen und Besucher.

Laut Nadim Faradschalla, dem Leiter für Nachhaltigkeitsstrategie an der Libanesisch-amerikanischen Universität in Beirut, sind die Wasserstände in diesem Jahr so niedrig wie seit langem nicht. Ein weiteres Problem ist, dass das Land nur begrenzte Kapazitäten hat, um Regenwasser in den nasseren Wintermonaten aufzufangen und zu speichern. Faradschalla zufolge verhindern politische Blockaden im Land die Fertigstellung wichtiger Infrastrukturprojekte.

dpa