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Tiergarten tötet Paviane aus Platzmangel

Pro Wildlife und andere Organisationen kündigen Strafanzeige an. Proteste werden lauter.

Die Pavian-Gruppe ist nach Angaben des Tiergartens zu groß für das Gehege geworden.
Foto: Daniel Karmann/dpa

Aufgrund von Platzmangel wurden im Nürnberger Tiergarten zwölf Paviane getötet. Dies wurde am Dienstagnachmittag vom Tiergarten mitgeteilt. Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen sehen die Tötung der Affen als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz an. Pro Wildlife, der Deutsche Tierschutzbund und die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht haben angekündigt, Strafanzeige zu erstatten.

Der Tiergarten hatte bereits im Februar 2024 angekündigt, dass er überzählige Paviane töten wolle. Diese Ankündigung stieß bei Tierrechts- und Tierschutzorganisationen auf scharfe Kritik, und die Proteste wurden zuletzt immer lauter.

Aktivisten und Aktivistinnen waren am Dienstag nach Angaben der Polizei über ein Tor in den Tiergarten eingedrungen. Einige klebten sich dort am Boden fest. Die Polizei nahm diese vorläufig fest. Der Tiergarten hatte am Morgen überraschend angekündigt, an dem Tag «aus betrieblichen Gründen» geschlossen zu bleiben. Die Organisation Animal Rebellion rief daraufhin zu einer Protestaktion gegen die Tötung der Paviane vor dem Eingang auf.

Abgabe und Verhütung waren nicht möglich

Das Pavian-Gehege ist seit langem überbelegt. Laut dem Tiergarten lebten zuletzt mehr als 40 Tiere in dem Gehege, obwohl es nur für 25 erwachsene Affen plus Jungtiere ausgelegt war. Dies führte zu vermehrten Konflikten, bei denen sich die Tiere verletzten.

Der Tiergarten sah schließlich nach eigenen Angaben keine andere Möglichkeit, als einige der Tiere zu töten. „Überzählige Tiere an andere Einrichtungen abzugeben, sei nicht möglich gewesen“, erklärte Direktor Dag Encke. Ein implantiertes Verhütungsmittel bei den Weibchen habe nicht die gewünschte Wirkung erzielt. Eine Auswilderung oder ein weiterer Ausbau des Geheges komme ebenfalls nicht infrage.

Der Tiergarten hat angekündigt, dass der Direktor und sein Stellvertreter sich um 17.30 Uhr auf einer Pressekonferenz zu weiteren Details äußern werden.

Wird ein Exempel statuiert?

Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen halten die Probleme dagegen für hausgemacht. «Was wir befürchtet hatten, ist eingetreten: Gesunde Tiere mussten sterben, weil ein Zoo über Jahrzehnte verantwortungslos gezüchtet und keine nachhaltigen Lösungen entwickelt hat», teilte Pro Wildlife mit. «Diese Tötung war vermeidbar und ist aus unserer Sicht rechtswidrig.» 

Der Deutsche Tierschutzbund bezeichnete es als Tabubruch. «Die Verantwortung für Tiere, die man als Zoo hält und züchtet, endet nicht dort, wo es räumlich, finanziell oder organisatorisch unbequem wird», teilte er mit.

Die Organisationen befürchten außerdem, dass die Tötung der Paviane erst der Anfang sein könnte. «Mit den Pavianen wird ein gefährliches Exempel statuiert – es wird nicht bei dieser einen Tierart bleiben, wenn diese Praxis des Tötens ungewollter Zootiere erst etabliert ist», sagte etwa Laura Zodrow von Pro Wildlife. Sie fordert deshalb, dass die Politik die rechtlichen Rahmenbedingungen für Zoos und deren Zuchtprogramme verschärft.

Gängige Praxis?

Dass Tiere in Zoos getötet werden, ist laut dem Deutschen Tierschutzbund «gängige Praxis». In vielen Zoos werden extra Futtertiere gezüchtet, die als Mahlzeit für Löwen, Tiger und andere Fleischfresser vorgesehen sind. Aber auch überzählige Zootiere werden getötet und verfüttert. Trotzdem sorgen solche Fälle immer wieder für Schlagzeilen, etwa 2014 die Tötung von Giraffe Marius im Kopenhagener Zoo oder die eines Zebras 2023 in Leipzig.

Auch im Nürnberger Tiergarten werden regelmäßig speziell gezüchtete Futtertiere verabreicht, darunter vom Aussterben bedrohte Somali-Wildesel und Prinz-Alfred-Hirsche, und die Öffentlichkeit wird darüber auf Schautafeln informiert. Direktor Dag Encke erklärt den Aufschrei der Paviane damit, dass es sich um Affen handelt, die nahe Verwandte des Menschen sind.

dpa