Ein junger Mann wird im Kurpark von Bad Oeynhausen massiv attackiert, stirbt wenig später. Nun verurteilt ein Gericht einen 19-Jährigen zu neun Jahren Haft. Die Eltern des Getöteten sind erleichtert.
Tod nach Abifeier: Neun Jahre Jugendhaft für 19-Jährigen
Etwa zehn Monate nach dem Tod eines jungen Mannes im Kurpark wurde ein 19-jähriger Angeklagter zu neun Jahren Jugendstrafe verurteilt. Das Landgericht Bielefeld verurteilte ihn wegen vorsätzlicher Körperverletzung und versuchten Totschlags. Der Vorsitzende Richter Carsten Clashörster sagte, dass die Kammer keinen Zweifel an seiner Schuld habe.
In der Nacht zum 23. Juni wurde der 20-jährige Philippos nach der Abifeier seiner Schwester im Kurpark von Bad Oeynhausen in Nordosten von Nordrhein-Westfalen so stark geschlagen und getreten, dass er zwei Tage später mit schweren Hirnschäden im Krankenhaus verstarb. Der Richter beschrieb, dass der Angeklagte massive Gewalt gegen sein Opfer angewendet habe.
Auf das am Boden liegende Opfer eingetreten
Er habe ihm auch mehrfach auf Kopf und Körper getreten, als der junge Mann schon schwer verletzt am Boden lag, aus Ohr und Nase geblutet habe, sagte der Richter. Es sei dem Angreifer bewusst gewesen, dass der 20-Jährige sterben könne – oder er womöglich bereits gestorben war. Da habe der Angeklagte ihm noch seine Tasche abgenommen. Auch gegen eine zweite Person sei er in dem Park sehr gewalttätig geworden. «Da lag überhaupt keine Hemmschwelle vor.»
Verteidigung akzeptiert das Urteil nicht
Der 18-jährige Angeklagte blieb äußerlich ruhig, als er verurteilt wurde. Sein Anwalt Burkhard Benecken kündigte an, sofort in Berufung zu gehen und erwartet gute Chancen für seinen Mandanten. Zuvor hatte er beantragt, auf eine Verurteilung wegen Totschlags zu verzichten und stattdessen nur eine Verwarnung auszusprechen. Die Staatsanwaltschaft hatte neun Jahre Jugendstrafe wegen Raubes mit Todesfolge und versuchtem Mord gefordert.
Die Eltern des Getöteten sind erleichtert
Die Mutter des getöteten 20-Jährigen zeigte sich erleichtert. «Ich weiß jetzt, was passiert ist. Ich habe Antworten bekommen», sagte Johanna Steinmann-Glogowski, die Nebenklägerin war. Sie halte das Urteil für fair. «Ich bin froh, dass der Prozess jetzt beendet ist, dass diese Wunde nicht mehr andauernd aufgerissen wird.» Der Vater, Dimitris Tsanis, ebenfalls Nebenkläger, sagte: «Endlich haben wir Gerechtigkeit für unseren Sohn.» Angehörige trugen T-Shirts mit der Aufschrift «Philippos Tsanis Unvergessen».
Wie wird die Strafe begründet?
Der Richter sagte, dass das Jugendstrafrecht bei dem 19-jährigen syrischen Angeklagten angewandt wurde. Es gibt Reifeverzögerungen, der Angeklagte hat Fluchterfahrungen gemacht, ist mit zehn Jahren aus Syrien nach Deutschland gekommen und auch der Umzug nach Bad Oeynhausen im Oktober 2023 war nicht einfach. Er hat jedoch bereits kleinere Straftaten in Deutschland begangen.
Der Vorfall in Bad Oeynhausen, der bundesweit für großes Entsetzen sorgte, hat auch Diskussionen über Zuwanderung und Abschiebung von ausländischen Straftätern angeheizt.
Der Mann aus Syrien war mit einigen jungen Leuten im Kurpark unterwegs. Zwei 19-jährige Deutsche waren zunächst wegen gefährlicher Körperverletzung und Hehlerei angeklagt, aber ihre Verfahren wurden später eingestellt – in einem Fall gegen eine Auflage. In dieser fatalen Nacht soll es zu mehreren Auseinandersetzungen und schließlich zu massiver Gewalt zwischen den jungen Leuten aus zwei Gruppen gekommen sein, die sich zuvor nicht kannten.
Philippos habe einen Querbruch der Schädelbasis erlitten, weitere Brüche und Verletzungen, gestorben sei er an einem Schädelhirntrauma. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass der Sturz von Philippos – nach Attacken des Anklagten – mit seinem Kopf auf den Boden bereits zum Tode führte. Aber klar sei: «Sie haben ihn so schwer getreten, dass es zu einem weiteren Schädelbruch kam».
Zeuge und Aufnahmen der Gewalttat als wichtige Beweise
Erst im April wurden neu aufgetauchte Videos aus der Tatnacht als Beweismittel vorgelegt – sie wurden zuvor gelöscht, dann aber von der Polizei wiederhergestellt. Staatsanwalt Christoph Mackel sprach von widerlichen Gewaltbildern, die den Tod des 20-Jährigen zeigten. Die Verteidigung betrachtete das Material als entlastend für den Angeklagten, das Gericht sah dies jedoch anders.
Richter Clashörster betonte, dass der Angeklagte zwar Alkohol- und Marihuana-Konsum erwähnt habe, jedoch keine Auswirkungen auf seine Steuer- oder Einsichtsfähigkeit gehabt habe. Der Angeklagte hatte zudem über seinen Verteidiger erklären lassen, dass ihm ein Totschlag von anderen, die an der Tat beteiligt waren, in die Schuhe geschoben werden solle. Auch dies wies das Gericht zurück.
Man habe versucht, den Anklagten zu einem Geständnis zu bewegen, aber außer einem Schlag ins Gesicht des 20-Jährigen und den Diebstahl seiner Tasche habe er nichts eingeräumt. «Jetzt sind es neun Jahre geworden.» Zugleich betonte Clashörster in Richtung der Angehörigen: «Ein Urteil kann niemals Schmerzlinderung bringen.»