Mitten in Manhattan wird der Chef eines großen Versicherungskonzerns getötet. Beim Tatverdächtigen findet die Polizei ein Schreiben, das Hinweise auf ein Motiv gibt.
Todesschütze von Manhattan soll Manifest geschrieben haben

Der entscheidende Hinweis wurde telefonisch aus einem Fast-Food-Restaurant erhalten: Fünf Tage nach dem tödlichen Angriff auf den Chef eines amerikanischen Versicherungskonzerns in New York wurde ein Verdächtiger festgenommen. Gegen den Mann, der laut Medien aus wohlhabendem Hause stammt, wurde mittlerweile Anklage wegen Mordes erhoben.
Der 26-jährige Luigi M. wurde laut den Ermittlungsbehörden am Montag (Ortszeit) in einem Lokal einer Fast-Food-Kette in der Stadt Altoona im Bundesstaat Pennsylvania gefunden. Ein Mitarbeiter des Lokals, das etwa fünf Autostunden von New York entfernt liegt, alarmierte die Polizei, nachdem ein Kunde den Mann auf Fahndungsfotos erkannt hatte.
Verdächtiger trug Waffe mit Schalldämpfer bei sich
Laut den Ermittlern trug der Verdächtige eine medizinische Maske und eine Mütze. Als ihn einer der Polizisten fragte, ob er kürzlich in New York gewesen sei, begann er zu zittern. Bei der Überprüfung stellte sich heraus, dass er eine Waffe mit Schalldämpfer bei sich trug, die mit einem 3D-Drucker hergestellt wurde und bei dem Mord an Versicherungsboss Brian Thompson verwendet wurde.
Der Leiter des milliardenschweren US-Versicherers United Healthcare wurde am Mittwoch der vergangenen Woche in der Nähe des New Yorker Times Square aus nächster Nähe erschossen und erlag seinen Verletzungen in einem Krankenhaus. Der Mord an dem 50-Jährigen, der von Überwachungskameras aufgezeichnet wurde, und die öffentliche Suche nach dem Täter sorgten weltweit für Schlagzeilen. Der Schütze flüchtete zunächst auf einem Fahrrad und verschwand dann.
Handgeschriebenes Manifest
In den Sachen des Festgenommenen entdeckten Polizisten laut Medienberichten zudem ein dreiseitiges, handgeschriebenes «Manifest», das Hinweise auf das mögliche Motiv gebe. In dem Papier werde US-Krankenversicherungen Profitgier zum Nachteil der Patienten vorgeworfen.
«Diese Parasiten haben es verdient», steht demnach in dem Papier – und weiter: «Ich entschuldige mich für die Unruhe und das Trauma, aber es musste getan werden.» Der Verdächtige weise in dem Schreiben auch darauf hin, dass er alleine gehandelt habe.
Botschaften auf Patronenhülsen
Schon direkt nach dem Mord waren Hinweise auf ein mögliches Motiv aufgetaucht. Auf Patronenhülsen, die am Tatort sichergestellt worden waren, standen laut Ermittlern drei Wörter: «deny» (verweigern), «defend» (verteidigen) und «depose» (absetzen, stürzen oder aussagen). Dies sei möglicherweise eine Anlehnung an einen Spruch, den Versicherungskritiker benutzten, hieß es: «Delay (verzögern), deny, defend».
Gemeint ist, dass Krankenversicherungen häufig Zahlungen an Patienten verzögern, Ansprüche ablehnen und ihr Vorgehen gegebenenfalls vor Gericht verteidigen. Es existiert auch ein Buch mit diesem Titel, das sich mit den Praktiken der Versicherer auseinandersetzt.
Nach Ansicht der «New York Times» hat der Mord an Thompson nicht nur die Nation aufgewühlt, sondern auch «die tief sitzende Wut der Amerikaner auf die US-Krankenversicherungsbranche» offengelegt. So wurde der Täter von manchen Nutzern in sozialen Medien gar als eine Art «Rächer» gefeiert.
Junger Mann aus wohlhabender Familie
Gemäß US-Medienberichten handelt es sich bei dem 26-Jährigen um einen jungen Mann aus einem wohlhabenden Hause, dessen Großvater in Baltimore ein Immobilienimperium aufgebaut hat. Er besuchte eine exklusive Privatschule, war Mitglied des Ringerteams und studierte später Informatik und Mathematik an einer angesehenen Universität. Zuletzt lebte Luigi M. in Honolulu, Hawaii.
Laut Berichten litt der 26-Jährige jedoch schon lange unter starken Rückenschmerzen aufgrund einer Wirbelsäulenerkrankung. Nach einem Surf-Unfall ließ er sich operieren. Es muss jedoch noch geklärt werden, ob dies mit dem Mord in Verbindung steht.
Laut CNN hat der muskulöse junge Mann lange Zeit seine Fitnessroutinen und Reiseerlebnisse in sozialen Medien geteilt. Im Sommer hat er jedoch langsam begonnen, sich aus dem Netz zurückzuziehen.
Er scheine jedoch eine Rezension zu einem Buch des als «Unabomber» bekannten US-Attentäters Ted Kaczynski veröffentlicht zu haben, schrieben CNN und die «New York Times».
Der einstige Harvard-Absolvent und erklärte Technikfeind Kaczynski tötete zwischen 1978 und 1995 bei einer Serie von Paketbomben-Anschlägen drei Menschen und verletzte 23 weitere. Er starb 2023 in Haft. Er hatte sich als Opfer hauptsächlich Mitarbeiter von Universitäten (Un) und Fluggesellschaften (Airlines – A) ausgesucht – deshalb die Bezeichnung «Unabomber».
Anklage wegen Mordes
Die Familie des 26-jährigen Luigi M. teilte nach der Festnahme über soziale Netzwerke mit, sie sei «schockiert und am Boden zerstört». Stunden nach der Verhaftung wurde der Verdächtige in Manhattan unter anderem wegen Mordes angeklagt, wie US-Medien unter Berufung auf Gerichtsdokumente berichteten.
Im Bezirk Blair County in Pennsylvania wurde erneut Anklage wegen unerlaubten Waffenbesitzes gegen ihn erhoben. Ihm wurde die Freilassung auf Kaution verwehrt.