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EU und USA einigen sich auf Deal zur Entschärfung des Zollkonflikts

Die USA erheben künftig 15 Prozent Zoll auf Importe aus Europa, was Auswirkungen auf die Wirtschaft haben könnte.

Die Gefahr eines Handelskriegs zwischen den USA und der EU ist vorerst abgewendet.
Foto: Jacquelyn Martin/AP/dpa

Nach intensiven Verhandlungen haben die EU und die USA eine Einigung zur Beilegung des Zollkonflikts erzielt. Obwohl US-Präsident Donald Trump die Vereinbarung enthusiastisch feiert, bleibt die Frage offen, ob sie tatsächlich im Interesse der Wirtschaft und der Bürger der EU ist. Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten:

Worauf haben sich die EU und die USA geeinigt?

Die Zölle, die von Trump zum 1. August angedroht wurden, sind abgewendet. Die EU akzeptiert jedoch, dass die USA zukünftig einen Zoll in Höhe von 15 Prozent auf die meisten Importe aus Europa erheben. Dies betrifft auch europäische Autoimporte, die bisher nur einem Zollsatz von 2,5 Prozent unterlagen. Nur eine begrenzte Anzahl von Waren wird zukünftig zollfrei importiert. Dazu gehören laut EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Beispiel Flugzeuge, bestimmte Chemikalien, Agrarprodukte und kritische Rohstoffe.

Gab es weitere Zugeständnisse von EU-Seite?

Die EU hat zugesichert, bis zum Ende von Trumps Amtszeit US-Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar zu kaufen. Nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sollen Flüssigerdgas (LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus den Vereinigten Staaten die Lücken füllen, die nach dem geplanten vollständigen Verzicht auf russisches Gas und Öl entstehen werden. Zusätzlich verspricht die EU Trump, in den kommenden Jahren weitere 600 Milliarden US-Dollar in den USA zu investieren. Trump feierte nach der Einigung und sagte: «Ich glaube, das ist der größte Deal, der jemals gemacht wurde.»

Was bedeutet die Einigung für die deutsche Wirtschaft und Verbraucher?

Das wird sich wahrscheinlich erst in den kommenden Monaten genau zeigen. Positiv ist, dass die Ungewissheit etwas verringert wird. Negativ ist, dass ein Teil der US-Zölle bestehen bleibt. Zölle führen normalerweise zu höheren Preisen für Produkte und bremsen somit den Handel. Es ist daher denkbar, dass deutsche Unternehmen weiterhin Geschäfte in den USA verlieren und Arbeitsplätze abbauen müssen.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bezeichnete das Übereinkommen in einer ersten Reaktion als unzureichenden Kompromiss, der ein fatales Signal an die eng verflochtene Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks sendet. Auch ein Zollsatz von 15 Prozent wird immense negative Auswirkungen auf die exportorientierte deutsche Industrie haben. Laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) werden allein die jährlichen Kosten für die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie auf eine Milliardensumme geschätzt.

Warum hat die EU den Deal akzeptiert?

Hätte es keine Einigung gegeben, hätten ab dem 1. August US-Zölle in Höhe von 30 Prozent gedroht. Die EU wollte eine Eskalation verhindern, da dies den Handel und Arbeitsplätze kurzfristig noch mehr bedroht hätte. Zusätzlich bestand die Sorge, dass Trump im Falle eines verschärften Konflikts neue Drohkulissen aufbauen könnte – beispielsweise indem er erneut die militärische Beistandspflicht innerhalb der Nato infrage stellt oder die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt – beides sind äußerst sensible Themen angesichts der Bedrohungen durch Russland.

Wenn die Europäer nicht so stark von den USA abhängig wären, hätten sie den Deal vielleicht nicht akzeptiert. Die EU ist wirtschaftlich gesehen mit etwa 450 Millionen Einwohnern in 27 Ländern eine bedeutende Marktmacht, die den Vereinigten Staaten in einem Handelskonflikt ernsthaft schaden könnte.

Wie erklärt die EU den Deal?

Von der Leyen sagte nach dem Treffen mit Trump: «Das heutige Abkommen schafft Sicherheit in unsicheren Zeiten.» Europäische Unternehmen bräuchten in diesen aktuell so turbulenten Zeiten Vorhersehbarkeit, um planen und investieren zu können. Hinter vorgehaltener Hand wird zudem auch in der EU-Kommission eingeräumt, dass der Vorwurf von Ungleichgewichten in den Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA nicht ganz von der Hand zu weisen war.

Die EU verzeichnete im Jahr 2024 im Warenhandel mit den USA einen deutlichen Überschuss von rund 198 Milliarden Euro, wie die neuesten Zahlen des Statistikamts Eurostat zeigen. Obwohl es im Dienstleistungsbereich für die USA besser aussah, blieb am Ende dennoch ein Handelsüberschuss von 50 Milliarden Euro für die EU.

 

Was gewinnt Trump?

Der 15-Prozent-Zoll dürfte jährlich Milliarden an Zusatzeinnahmen in die US-Staatskasse bringen. Vor dem Amtsantritt von Trump lag der durchschnittliche US-Zollsatz auf Importe aus der EU tatsächlich bei nur etwa 1 Prozent, genauso niedrig wie der Zollsatz der EU auf US-Importe – zumindest im tatsächlichen Warenhandel zwischen der EU und den USA.

Wie kam es zu dem Deal?

Vorausgegangen waren in den vergangenen Monaten zähe Verhandlungen und immer neue Drohungen und Eskalationen durch Donald Trump. Zuletzt lud der US-Präsident von der Leyen und ihren Handelskommissar Maros Sefcovic dann ein, am Wochenende in sein Luxus-Golfhotel in Turnberry in Schottland zu kommen. Bei einem rund einstündigen Treffen wurde der Deal dann fix gemacht. Trump argumentierte in den Verhandlungen vor allem mit dem Handelsungleichgewicht zwischen den USA und der EU. Zudem will er mit seinem Kurs unter dem Motto «America First» industrielle Produktion zurück in die USA holen. Die zusätzlichen Zolleinnahmen sollten außerdem helfen, seine umfangreichen Steuersenkungen gegenzufinanzieren.

Ist der Handelskonflikt nun vollständig beigelegt?

Es bleibt noch abzuwarten. Nach der Bekanntgabe des Deals gab Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu, dass noch nicht alle Details endgültig geklärt sind. Unklar ist zum Beispiel, wie es mit den US-Stahl- und Aluminiumzöllen weitergeht, die Trump in den letzten Monaten auf 50 Prozent erhöht hatte. Die EU hofft darauf, dass bestimmte Mengen davon ausgenommen werden, aber konkrete Daten wurden bisher nicht genannt. Es war auch bis zuletzt unklar, ob der Zollsatz für Arzneimittel tatsächlich bei 15 Prozent bleibt und in welchem Ausmaß die geplante Anpassung der Standards für Autos und andere Industriegüter erfolgt.

dpa