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Gefahr auf dem E-Scooter: Forscher fordert Altersgrenze

Angetrunken, zu zweit oder mit dem Handy in der Hand: E-Scooter-Nutzer sind häufig riskant unterwegs. Ein Unfallforscher fordert schärfere Regeln wie eine Altersgrenze und eine Führerscheinpflicht.

Ein Unfallforscher fordert eine Altersgrenze und einen Führerschein für E-Scooter. (Symbolbild)
Foto: Christoph Soeder/dpa

Ein E-Scooter-Fahrer fährt mit einer Geschwindigkeit von 20 km/h auf der Straße, links neben ihm ein Auto. Plötzlich biegt das Auto nach rechts ab, ohne den Scooter zu bemerken – es kommt zu einem heftigen Zusammenstoß. Der Scooter-Fahrer schlägt hart mit dem Kopf gegen das Auto und dann auf die Straße – lebensgefährliche Verletzungen wären wahrscheinlich die Folge.

Das Szenario des Unfalls, das bei einem Crashtest der Björn-Steiger-Unfallforschung in Münster mit einem Dummy gezeigt wird, ist der typischste Ablauf von Unfällen zwischen Autos und E-Scootern. Nach den aktuellsten verfügbaren Zahlen waren im Jahr 2023 fast eine Million E-Scooter auf deutschen Straßen unterwegs.

Fahrer häufig jung und betrunken

Der Leiter der Björn-Steiger-Unfallforschung, Siegfried Brockmann, stellte beim Crashtest und der Vorstellung einer aktuellen Studie der Stiftung fest, dass viele der Scooter-Fahrer jung sind. Zudem missachten Tausende das bisherige Mindestalter von 14 Jahren, fahren zu zweit und sind oft betrunken.

Laut dieser Studie waren fast die Hälfte der Unfälle mit schwer verletzten oder getöteten Scooter-Fahrern Alleinunfälle, sagte er – also ohne Beteiligung oder Schuld eines anderen Verkehrsteilnehmers. Bei 43 Prozent dieser Alleinunfälle war Alkohol im Spiel. Weitere 14 Prozent dieser Unfälle wurden durch Ursachen wie einhändiges Fahren, Ablenkung oder starkes Abbremsen verursacht.

Deutlicher Zuwachs der Scooter-Unfälle

Die Studie der Stiftung basiert auf der detaillierten Auswertung der Verläufe von mehr als 10.000 Unfällen mit Scootern in zehn Bundesländern in den Jahren zwischen 2021 und 2024. Sie verzeichnet in dieser Zeit einen starken Zuwachs der Unfallzahlen von knapp 4.900 auf knapp 10.900.

Die Daten des Statistischen Bundesamtes bestätigen dies: Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl der E-Scooter-Unfälle allein im Jahr 2024 bundesweit um mehr als ein Viertel auf fast 12.000 gestiegen. 27 Menschen verloren dabei ihr Leben.

Größere Räder gegen Hängenbleiben am Bordstein

Brockmann fordert ein Mindestalter von 15 Jahren für die Fahrer und technische Verbesserungen an den Rollern. Insbesondere sollten die bisher üblichen Acht-Zoll-Räder durch mindestens zehn Zoll große Räder ersetzt werden, um die Stabilität zu erhöhen und Stürze beispielsweise durch Hängenbleiben an Bordsteinen zu vermeiden, so der Unfallforscher.

Bisher ist es erlaubt, Scooter zu fahren, ohne jeglichen Nachweis über Kenntnisse der Straßenverkehrsordnung, wie Brockmann kritisiert hat. Es sollte mindestens eine Mofa-Prüfbescheinigung oder ein Mopedführerschein AM erforderlich sein. Brockmann fordert zudem strengere Polizeikontrollen auf Alkohol.

Viele Verunglückte hätten gar nicht fahren dürfen

Immerhin rund fünf Prozent der verunglückten Scooter-Fahrer seien nach den Daten der Björn-Steiger-Stiftung unter 14 Jahre alt gewesen, hätten also gar nicht mit den Rollern fahren dürfen. Hier könne man Scooter-Verleiher verpflichten, in die Mietapps einen Altersnachweis einzubauen, sagte Brockmann.

Der Forscher sah jedoch keine ausreichende Datengrundlage für eine immer wieder geforderte Helmpflicht auf dem Scooter – was ihn jedoch nicht davon abhielt, den Helm nachdrücklich zu empfehlen, sagte Brockmann.

Blinkerpflicht ab 2027 geplant

Der Forscher schlug vor, die bereits vom Bundeskabinett gebilligte Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung für Scooter um die Vorschläge zu ergänzen. Die Verordnung sieht bereits höhere Bußgelder für das Fahren auf Gehwegen und eine Blinkerpflicht ab 2027 vor. Außerdem sollen Kommunen aufgefordert werden, feste Stellplätze für Miet-E-Scooter auszuweisen. Die Verordnung geht als nächstes in den Bundesrat.

Gemäß den neuesten Zahlen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gab es im Jahr 2023 etwa 780.000 private E-Scooter – ein Anstieg um 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zusätzlich kamen rund 210.000 Leihfahrzeuge hinzu, deren Anzahl ebenfalls stieg. Insgesamt waren das fast eine Million Fahrzeuge.

Instabil auch beim Crash-Test

Vor allem beim Gebrauch von Leihfahrzeugen könne es gefährlich werden, da die Fahrer mit den geliehenen Scootern wenig vertraut seien, sagte Brockmann. Wie instabil Scooter sein können, zeigte sich nicht zuletzt beim Crashtest: Die Unfallforscher brauchten zahlreiche Versuche bis zu einem realistischen Crash. Immer wieder sprang vorher der wackelige Scooter aus der Schiene, die die Forscher aufgebaut hatten.

dpa