Der Widerstand in Deutschland scheint Unicredit-Chef Orcel nicht zu beeindrucken: Die italienische Großbank erhöht ihren Einfluss auf die Commerzbank. Damit wird eine Übernahme wahrscheinlicher.
Unicredit stockt bei Commerzbank auf – Übernahmeangebot naht

Die Unicredit steuert auf ein Übernahmeangebot bei der Commerzbank zu: Die italienische Großbank hat ihren direkten Aktienanteil an Deutschlands zweitgrößter Privatbank nach eigenen Angaben auf rund 26 Prozent erhöht.
Zugleich kündigte das Mailänder Institut an, ihre verbleibenden Finanzinstrumente «zu gegebener Zeit» ebenfalls in Commerzbank-Aktien umzuwandeln, womit sich der Anteil auf etwa 29 Prozent summieren würde. Wird die 30-Prozent-Marke überschritten, wäre die Unicredit gesetzlich verpflichtet, den übrigen Anteilseignern des Frankfurter Dax-Konzerns ein offizielles Kaufangebot zu unterbreiten.
Andrea Orcel, CEO der Unicredit, wirbt seit Herbst unbeeindruckt von allen Widerständen in Deutschland für die Vorteile einer grenzüberschreitenden Fusion: Die Unicredit, die bereits mit der Hypovereinsbank (HVB) im deutschen Markt vertreten ist, erkennt Potenzial im Bereich der Privat- und Mittelstandskunden. In Deutschland herrscht die Befürchtung, dass eine Fusion Stellenabbau und Filialschließungen mit sich bringen könnte.
Mit Einstieg im Herbst den Bund überrascht
Im September nutzte die Mailänder Großbank den Teilausstieg des Bundes, um in großem Umfang bei der Commerzbank einzusteigen. Neben einer direkten Beteiligung von zunächst knapp unter 10 Prozent sicherten sich die Italiener über Finanzinstrumente Zugriff auf weitere fast 19 Prozent.
Anfang Juli wandelte die Unicredit gut die Hälfte dieser Finanzinstrumente in Aktien um und überholte mit dann rund 20 Prozent den Bund als größten Commerzbank-Aktionär. Der deutsche Staat, der die Commerzbank in der Finanzkrise 2008/2009 mit Steuermilliarden vor dem Kollaps bewahrt hatte, hält noch gut 12 Prozent der Anteile und schloss zuletzt weitere Aktienverkäufe aus.
«Feindlich» und «unfreundlich»
Sowohl bei der Commerzbank als auch in der Bundesregierung beißt Orcel auf Granit. Vorstand und Betriebsrat der Commerzbank bezeichneten das Vorgehen der Italiener wiederholt als «feindlich».
Kanzler Friedrich Merz (CDU) bekräftigte in einem Brief an Konzernbetriebsratschef Sascha Uebel: Die Bundesregierung setze auf eine «starke und unabhängige Commerzbank». Das Bundesfinanzministerium äußerte im Namen der schwarz-roten Koalition jüngst erneut Ablehnung gegen das «unabgestimmte und unfreundliche» Vorgehen der Unicredit.
Das Management der Commerzbank unter der Leitung von Konzernchefin Bettina Orlopp plant, die Eigenständigkeit des Instituts durch den Abbau von Tausenden von Arbeitsplätzen und steigende Gewinne zu sichern. Nach einem Rekordgewinn von knapp 2,7 Milliarden Euro im Jahr 2024 soll der Überschuss bis 2028 auf 4,2 Milliarden Euro ansteigen. Die Eigenkapitalrendite soll von 9,2 Prozent im Jahr 2024 auf 15 Prozent im Jahr 2028 erhöht werden. Die Aktionäre sollen außerdem durch steigende Gewinnausschüttungen bei Laune gehalten werden.
Rückenwind von Behörden
Unicredit-Chef Orcel braucht keinen Widerstand gegen eine Übernahme von Aufsehern und Wettbewerbshütern zu befürchten. Weder das Bundeskartellamt noch die Europäische Zentralbank (EZB) würden den Italienern wohl Steine in den Weg legen, nachdem sie grünes Licht für eine Aufstockung des Commerzbank-Anteils auf knapp unter 30 Prozent gegeben hatten.
Kartellamtschef Andreas Mundt sagte vor Kurzem: «Wenn es zu einer Folgeentscheidung käme, sehe ich nicht, dass wir das anders sehen würden – die Maßstäbe sind immer dieselben, das macht keinen Unterschied.»
Erinnerungen an frühere Großfusionen werden wach
Eine Übernahme der Commerzbank wäre der größte Deal in der Branche mit deutscher Beteiligung seit Jahren. Im Spätsommer 2008, mitten in der Finanzkrise, kaufte die Commerzbank die kriselnde Dresdner Bank – und brauchte Jahre, um das zu verdauen.
Auch die Integration der Postbank in die Deutsche Bank zog sich über Jahre – mit etlichen Höhen und Tiefen: 2008 stieg die Deutsche Bank bei der Postbank ein und sicherte sich Ende 2010 die Mehrheit. Im August 2015 wurden die verbliebenen Postbank-Aktionäre gegen Barabfindung aus dem Unternehmen gedrängt. Der von der Politik unterstützte Versuch, aus Deutscher Bank und Commerzbank einen «nationalen Champion» zu formen, scheiterte im Frühjahr 2019.