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Urteil für vierfachen Solinger Feuermord erwartet

Dem geständigen Solinger Daniel S. droht wegen vierfachen Mordes und Mordversuchen an 20 Menschen die Höchststrafe. An diesem Mittwoch dürfte damit ein spektakulärer Prozess enden.

Dem Angeklagten aus Solingen werden vier Straftaten vorgeworfen: Drei versuchte oder vollendete Brandstiftungen und eine Macheten-Attacke. (Archivbild)
Foto: Federico Gambarini/dpa

Im Prozess um den vierfachen Feuermord von Solingen wird an diesem Mittwoch das Urteil erwartet. Der Staatsanwalt hatte am Montag die Höchststrafe für den geständigen Angeklagten beantragt: lebenslange Haft, die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und anschließende Sicherungsverwahrung. Mehrere Nebenkläger haben sich dem angeschlossen. Weitere werden noch plädieren – ebenso wie die Verteidigung des Solingers.

Der Mann im Alter von 40 Jahren hat zugegeben, vierfachen Mord begangen zu haben, sowie weitere Brandstiftungen in Wohnhäusern und eine Macheten-Attacke auf einen langjährigen Freund. Dadurch neigt sich ein aufsehenerregender Prozess dem Ende zu. Trotz des schnellen Geständnisses kamen immer wieder neue Wendungen ans Licht. Die Polizei musste umfangreich ermitteln.

Zweifel am behaupteten Motiv

Die Zweifel am behaupteten Motiv des 40-Jährigen nahmen im Verlauf des Prozesses vor allem zu. Seda Başay-Yildiz, Vertreterin der Nebenklage, brachte in den letzten Monaten durch eigene Recherchen einige Dinge ans Licht, die auf eine rechte Gesinnung des Angeklagten hinwiesen: Ein Zettel mit einem rassistischen Gedicht in einer von ihm genutzten Garage, ein rassistischer Chat mit seiner Freundin und 166 rechtsextreme Dateien auf einer Festplatte, von denen unklar ist, wem sie zuzuordnen sind.

In einer leerstehenden Wohnung des Hauses, in dem der Angeklagte wohnte, wurde Literatur über NS-Größen gefunden. Für die Staatsanwaltschaft sind das alles «Spekulationen ohne echten Beweiswert», schließlich seien in der Garage etwa auch Materialien der eher links zu verortenden Satirepartei «Die Partei» entdeckt worden. 

Das digitale Leben des Angeklagten wurde rückwirkend über einen Zeitraum von zehn Jahren untersucht, ohne Kontakte zu rechten Gruppen oder Anzeichen für eine heimliche Radikalisierung zu finden.

Am 25. März 2024 kam es in Solingen zu einem tödlichen Feuer, bei dem eine bulgarische Familie im Dachgeschoss ums Leben kam – die Eltern im Alter von 28 und 29 Jahren sowie ihre beiden Töchter im Alter von drei Jahren und wenigen Monaten. Mehrere Personen wurden bei verzweifelten Sprüngen aus dem brennenden Gebäude schwer verletzt. Der Angeklagte war zuvor selbst im Hinterhaus des Brandhauses wohnhaft. Nach einem Streit mit seiner Vermieterin musste er ausziehen.

Der Mann mit dem Rucksack

Die Ermittler konnten den 40-Jährigen dank Aufnahmen aus Überwachungskameras identifizieren. In der Brandnacht wurde der ehemalige Mieter mehrmals in der Nähe des Brandhauses mit einem Rucksack gesehen – als einzige Person zur fraglichen Zeit.

Die Ermittler hatten bereits einen Durchsuchungsbeschluss für seine Wohnung beantragt, als sich in Solingen am 8. April 2024 ein weiteres unheimliches Verbrechen ereignete: Mit einer Machete und zwei wuchtigen Hieben hatte der Deutsche auf den Kopf eines Freundes eingehackt. Das Opfer überlebte lebensgefährlich verletzt.

Die Ermittler fanden im Keller des Arbeitslosen ein Arsenal aus Brandbeschleunigern und Utensilien für Zünder. Daniel S. wird auch zwei älteren Brandstiftungen zur Last gelegt – im November 2022 und im Februar 2024. Zu beiden Zeitpunkten hielten sich Menschen in den Wohnhäusern auf. Daher könnte er wegen Mordversuchen an insgesamt 20 Personen verurteilt werden.

Zwei weitere Taten?

Während des Prozesses geriet Daniel S. sogar noch für zwei weitere Brandstiftungen in Verdacht, die nicht Teil der Anklage sind. So soll er nach einem Streit mit einem marokkanischen Nachbarn im Wohnhaus seiner Freundin in Wuppertal Feuer gelegt haben, kurz nachdem diese ausgezogen war. Auch das Auto einer Ex-Freundin wurde Ziel eines Brandanschlags.

Die Ermittlungen zum Feuer im Wuppertaler Wohnhaus waren mit der vermeintlichen Brandursache «technischer Defekt» schnell eingestellt worden, obwohl an zwei Stellen im Haus gleichzeitig Feuer ausgebrochen war. Inzwischen geht ein Gutachter von einem Brandanschlag aus. Gegen Daniel S. wird deswegen inzwischen gesondert ermittelt. 

Tränen im Gerichtssaal

Beim Prozessbeginn trugen die Angehörigen im Gerichtssaal schwarze T-Shirts mit dem Foto der ermordeten Familie und dem Schriftzug «Adalet», türkisch für «Gerechtigkeit». Es flossen immer wieder Tränen.

dpa