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US-Frist für Einführung von Zöllen auf EU-Importe abgelaufen

Mit neuen Zöllen will US-Präsident Trump angebliche Ungleichgewichte im Handel mit anderen Staaten beseitigen. Jetzt ist die Frist dafür verstrichen. Neben der EU sind knapp 70 Staaten betroffen.

Für Importe aus der EU in die USA sollen künftig Aufschläge von 15 Prozent gelten.
Foto: Matt Slocum/AP/dpa

Die Frist für die Einführung der neuen US-Zölle auf viele Importe aus der EU ist abgelaufen. Die von Donald Trump angeordneten Handelsmaßnahmen sollten planmäßig um Mitternacht (Ortszeit Washington; 6 Uhr deutscher Zeit) in Kraft treten, wie der US-Präsident wenige Minuten zuvor auf seiner Plattform Truth Social bestätigte. Die Europäische Kommission ging hingegen bislang davon aus, dass der neue Zollsatz von 15 Prozent auf den Import der meisten EU-Produkte in die USA erst ab morgen gilt.

Neben der EU sind auch fast 70 Länder von den geänderten Zollsätzen betroffen, jeweils in unterschiedlichem Ausmaß. Trump rechtfertigt seine radikale Zollpolitik mit behaupteten Handelsdefiziten, die für die USA ein nationales Sicherheitsrisiko darstellen – deshalb besteht ein nationaler Notstand, der die Zölle legitimiert. Sein Vorgehen ist auch rechtlich umstritten.

Wenige Minuten vor Mitternacht verkündete Trump auf Truth Social, dass die Zölle nun sofort in Kraft treten würden. «Es werden Milliarden Dollar in die USA fließen, großteils aus Ländern, die die USA über viele Jahre hinweg ausgenutzt und darüber gelacht haben», schrieb er in Großbuchstaben.

Trump hatte in der vergangenen Woche per Dekret die neuen Zölle angeordnet. Die EU-Kommission interpretierte die Frist bis zuletzt anders und ging davon aus, dass sie erst am Freitag (8. August) in Kraft treten würden. Warum beide Seiten bis zuletzt keine einheitliche Linie bei der Kommunikation des Startdatums gefunden haben, blieb unklar.

Für Länder, die nicht auf der umfangreichen Zollliste stehen, gelten unterschiedliche Gebühren. Die USA verhandeln auch separat mit China und Mexiko. Darüber hinaus hat Trump Strafzölle gegen Länder angedroht oder bereits verhängt, die mit Russland im Energiesektor Geschäfte tätigen und so den Kreml indirekt beim Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen – so wurde es beispielsweise im Fall der Sonderzölle für Indien begründet.

15 Prozent: Ein guter Kompromiss – oder zu viel?

Die EU-Kommission hat kürzlich eine neue Grundsatzvereinbarung mit den amerikanischen Handelspartnern getroffen: Sie senkte den angedrohten Zollsatz um die Hälfte auf nun 15 Prozent, nachdem Trump Wochen zuvor in einem Brief einen Abgabensatz von 30 Prozent für die meisten EU-Exporte in die USA in Aussicht gestellt hatte.

Kritiker interpretierten dies als bekannte Taktik des Präsidenten: Überhöhte Forderungen stellen, um dann einen Kompromiss zu erzielen, der die schlimmsten Befürchtungen der Gegenseite nicht erfüllt, aber die USA deutlich bevorzugt. Die Europäische Kommission wird nun beschuldigt, den europäischen Markt nicht ausreichend vor Konkurrenz zu schützen, indem sie keine gleichwertigen Zölle auf US-Importe erhebt.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte bei der Bekanntgabe des Deals, dass der neue Zollsatz auch für Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte aus der EU gelte. Die Autoindustrie – eine der wichtigsten Branchen in Deutschland und ganz Europa – zeigte sich dennoch enttäuscht: Der neue Zoll ist zwar deutlich niedriger als die 27,5 Prozent, die Trump in den vergangenen Monaten erheben ließ – aber viel höher als die 2,5 Prozent, die davor auf Autoimporte aus der EU anfielen. Außerdem sollen US-Autos künftig zollfrei in die Europäische Union importiert werden können, während bislang ein Zollsatz in Höhe von zehn Prozent galt.

Milliardenschwere Zusatzvereinbarungen

Die EU hatte Trump neben einem Zollsatz von 15 Prozent zugesichert, bis zum Ende seiner Amtszeit Energie aus den USA im Wert von 750 Milliarden Dollar (rund 650 Mrd Euro) zu kaufen. Nach Angaben von der Leyens sollen Flüssigerdgas (LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus den Vereinigten Staaten die entstehenden Lücken nach dem geplanten vollständigen Verzicht auf russisches Gas und Öl füllen.

Des Weiteren sollen in den USA 600 Milliarden Dollar (knapp 520 Mrd Euro) investiert werden, basierend auf Interessenbekundungen europäischer Unternehmen, wie von der EU-Kommission angegeben. Eine Beamtin der Kommission betonte, dass dies in die Zuständigkeit von Privatunternehmen falle und die Kommission als Behörde dies nicht garantieren könne. Die genauen Unternehmen und Beträge, die Investitionsabsichten bekundet haben, wurden von der Kommission nicht mitgeteilt.

Ein Deal, zwei Interpretationen

Ohnehin gibt es zu den 600 Milliarden unterschiedliche Interpretationen auf beiden Seiten des Atlantiks: Nach Aussagen Trumps stehen die Investitionen den Vereinigten Staaten zur freien Verfügung. «Sie haben uns 600 Milliarden Dollar gegeben, die wir in alles, was wir wollen, investieren können», sagte er in einem Gespräch mit dem Sender CNBC. Es handle sich faktisch um ein «Geschenk». Das steht im Widerspruch zu den Angaben der EU-Kommission.

Trump drohte mit Zöllen in Höhe von 35 Prozent, falls die EU nicht die vereinbarten Investitionen liefert. Es ist unklar, wann dieser Punkt erreicht sein könnte, da die Investitionszusagen über mehrere Jahre laufen.

dpa