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Viele Fragen offen nach Tod von 16-Jähriger in Friedland

Solidarität und Trauer auf der einen Seite, offene Ermittlungen auf der anderen: Nach dem Tod einer 16-Jährigen in Friedland ist noch vieles unklar.

Noch immer ist unklar, warum eine 16-Jährige in Friedland am Bahnsteig starb. Der Bahnhof steht seither im Fokus der Ermittlungen.
Foto: Swen Pförtner/dpa

Fast drei Wochen nach dem Tod einer 16-Jährigen am Bahnhof Friedland im niedersächsischen Landkreis Göttingen sind noch viele Fragen unbeantwortet. Es ist bekannt, dass ein 31-jähriger Iraker verdächtigt wird, das Mädchen am 11. August vor einen vorbeifahrenden Güterzug gestoßen zu haben. Laut Staatsanwaltschaft Göttingen wurden DNA-Spuren des Mannes an der Schulter des Opfers gefunden.

Der Verdächtige wurde gemäß einem Unterbringungsbefehl in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Laut Staatsanwaltschaft zeigte er am Tag der Tat psychische Auffälligkeiten. In der Vergangenheit wurde bei ihm eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert.

Was bisher bekannt ist

Die Polizei ging zunächst von einem Unfall aus: Das Mädchen wurde von einem Zug berührt und tödlich verletzt, der genaue Ablauf war unklar. Am Mittwoch warnte die Polizei ausdrücklich vor Spekulationen in sozialen Netzwerken. Mutmaßungen über den Vorfall seien unbegründet, hieß es damals. Dennoch nahm die Online-Debatte Fahrt auf. Erst spätere Untersuchungsergebnisse führten zu dem nun gegen den 31-Jährigen erhobenen Verdacht.

Die Polizei wurde kurz vor der Tat wegen eines randalierenden Mannes zum Bahnhof gerufen, so die Staatsanwaltschaft. Vor Ort trafen die Beamten drei Personen an, darunter den Beschuldigten. Dieser führte die Polizisten angeblich zu einem Bahnsteig, wo das 16-jährige Mädchen bereits tot lag. Der Mann bestritt eine Beteiligung an der Tat, ein Atemalkoholtest ergab 1,35 Promille. Da zunächst keine Beweise vorlagen, wurde er wieder freigelassen.

Nachdem die DNA-Spuren gefunden wurden, wurde er in einem Fachklinikum von einem Ermittlungsrichter mit dem Vorwurf konfrontiert. Der 31-Jährige hat von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde ein Unterbringungsbefehl wegen Totschlags erlassen.

Was unklar ist

Es ist noch unklar, wie sich die Ereignisse am Bahnhof kurz vor dem Tod des Mädchens abgespielt haben. Auch der Grund für die tödliche Situation ist noch nicht geklärt. Die Ermittlungen werden durch das Fehlen von Videokameras am Bahnhof Friedland erschwert, so die Polizei. Die Untersuchungen sind noch im Gange.

Was über den Verdächtigen bekannt ist

Im Jahr 2022 wurde der Mann erstmals von der Bundespolizei in Braunschweig kontrolliert und äußerte dabei ein Asylbegehren. Sein Antrag wurde im Dezember 2022 abgelehnt, eine Abschiebung nach Litauen war seit März 2025 möglich. Ein Antrag auf Abschiebehaft wurde im Juli 2025 vom Amtsgericht Hannover abgelehnt. Zwischenzeitlich verbüßte der 31-Jährige eine Ersatzfreiheitsstrafe und meldete sich danach erneut in Friedland als Asylsuchender.

Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sagte, dass der Fall erneut die großen Probleme des sogenannten Dublin-Verfahrens aufzeige. Das Dublin-Verfahren regelt die Verteilung von Asylbewerbern in Europa. Demnach hätte der Verdächtige nicht mehr in Deutschland, sondern in Litauen sein sollen.

Was das Umfeld sagt

Der Tod der Jugendlichen hat große Betroffenheit ausgelöst. «Das war immer ein vorsichtiges Mädchen», sagte Markus Janitzki (CDU), Bürgermeister vom thüringischen Geisleden, wo die Familie zeitweise gelebt hatte. Die Eltern hätten schon früh vermutet, dass es kein Unfall gewesen sei. «Die Empörung und die Wut ist jetzt natürlich sehr groß.»

Janitzki sagte, dass parallel dazu zwei Spendenaufrufe gestartet wurden, um die Bestattungskosten zu decken. Bislang sind mehr als 14.000 Euro eingegangen. Am Bahnhof in Friedland erinnern Blumen und Kerzen an die 16-Jährige.

Die Familie floh im Jahr 2022 aus der Ukraine und wohnte zuerst in Geisleden, später im thüringischen Heilbad Heiligenstadt. Von dort aus fuhr die 16-Jährige täglich zu ihrer Ausbildungsstätte in Friedland im Süden Niedersachsens, in der Nähe der Grenze zu Hessen und Thüringen.

dpa