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Vogelgrippe in Deutschland auf dem Vormarsch

Die Tierseuche verbreitet sich rasant, Großbetriebe betroffen, Risiko für Mensch noch gering, Hygienemaßnahmen entscheidend

Nach Vogelgrippe-Ausbrüchen in zwei Geflügelhaltungen in Vorpommern mussten rund 150.000 Tiere gekeult werden. (Archivbild)
Foto: Stefan Sauer/dpa

Die Vogelgrippe breitet sich in Deutschland aus. In Baden-Württemberg werden in einem Geflügelbetrieb 15.000 Tiere getötet, Tausende Kraniche sterben, die Agrarminister beschäftigen sich mit der Krise. Obwohl die Tierseuche in Deutschland mittlerweile das ganze Jahr über verbreitet ist, nimmt die Infektionsrate mit dem Vogelzug im Herbst deutlich zu – und erreicht derzeit ein neues Ausmaß.

Inzwischen wurden auch Großbetriebe mit Legehennen und Mastputen von dem Virus erfasst. Das zuständige Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) spricht unter Hinweis auf die aktuell hohe Dichte an Wildvögeln in den Zugkorridoren von einer dynamischen Entwicklung. Das Risiko für weitere Ausbrüche in Geflügelhaltungen und auch für die Verbreitung unter Wildvögeln wurde auf die Stufe «hoch» heraufgesetzt. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist das überhaupt für eine Krankheit? 

Die aviäre Influenza, abgeleitet vom lateinischen Begriff für Vogel (avis), ist eine Infektionskrankheit, die hauptsächlich bei wildlebenden Wasservögeln auftritt. Laut Angaben des Loeffler-Instituts ist die hochansteckende Virusvariante HPAIV, bekannt als H5N1, derzeit weit verbreitet. Sie verursacht in der Regel schwere Verläufe bei infizierten Tieren und endet häufig tödlich. Im Volksmund wird die Geflügelpest oft als Vogelgrippe bezeichnet.

Ist die Vogelgrippe auch für Menschen gefährlich? 

Eine hohe Infektionsdosis des Virus kann grundsätzlich auch auf Menschen übertragbar sein. Allerdings besteht laut FLI derzeit kein spezielles Risiko für die Bevölkerung, dass es zu schwerwiegenden Erkrankungen kommt. Es wird dennoch empfohlen, den Kontakt zu verstorbenen Vögeln vorsorglich zu vermeiden, um eine mögliche Verbreitung des Virus durch den Menschen zu verhindern. In den USA haben sich in der Vergangenheit Mitarbeiter von Geflügelbetrieben infiziert.

Kann das Virus durch Geflügelprodukte übertragen werden?

Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung ist es grundsätzlich nicht auszuschließen. Bisher gibt es jedoch keine Hinweise darauf, dass sich Menschen über Lebensmittel mit dem Vogelgrippe-Virus infiziert haben. Das Institut empfiehlt, Fleisch gründlich durchzubraten, da das Virus empfindlich gegenüber hohen Temperaturen ist. Auch im Inneren sollte eine Temperatur von mindestens 70 Grad erreicht werden. Bei gekochten Eiern sollte darauf geachtet werden, dass sowohl Eiweiß als auch Eigelb fest sind.

Inwieweit sind Wildvögel betroffen?

Das FLI hat bisher bundesweit 29 Ausbruchsherde bei Wildvögeln erfasst. Es zeigt sich, dass in dieser Saison vor allem Kraniche betroffen sind. Eine solche Häufung verendeter Tiere wurde bisher noch nicht beobachtet. Erste Schätzungen gehen davon aus, dass bisher etwa 2.000 Kraniche auf dem alljährlichen Vogelzug nach Süden in den deutschen Rastgebieten an der Geflügelpest gestorben sind.

Laut den Behörden wurden bisher in Nordbrandenburg mehr als 1.000 tote Kraniche gefunden, und die Suche dauert an. An einem Stausee an der Landesgrenze zwischen Thüringen und Sachsen-Anhalt wurden über 500 tote Tiere entdeckt, etwa 100 in der Mecklenburgischen Seenplatte. Der Höhepunkt der Kranichrast steht noch bevor, daher rechnen Experten mit einer signifikant höheren Anzahl an toten Tieren.

Wildenten zeigen laut FLI bei einer Geflügelpest-Infektion inzwischen nicht mehr zwingend schwere Krankheitssymptome oder sterben daran. Da bereits verschiedene Arten in den vergangenen Jahren betroffen waren, könnte es in ihren Populationen bereits eine teilweise Immunität geben.

Welche Folgen hat die Vogelgrippe für kommerzielle Tierhalter? 

Am Donnerstagabend wurde ein betroffener Geflügelbetrieb im Alb-Donau-Kreis südöstlich von Stuttgart gemeldet, in dem rund 15.000 Tiere getötet werden. Bislang wurden im Oktober 17 Ausbrüche in Nutzgeflügel-Haltungen registriert, ob der jüngste Ausbruch mitgezählt wird, ist noch unklar. Besonders schwerwiegend waren auch zwei Fälle in Mecklenburg-Vorpommern. Dort mussten in zwei Großbetrieben mit Legehennen laut Angaben des Schweriner Landwirtschaftsministeriums knapp 150.000 Tiere vorsorglich getötet werden. Mitte Oktober wurden bereits 20.500 Puten im niedersächsischen Landkreis Cloppenburg gekeult. Die Halter können den finanziellen Schaden bei der Tierseuchenkasse geltend machen.

Die aktuell hohe Viruslast bei Wildvögeln erhöht das Risiko eines Eintrags in Geflügelbestände bundesweit erheblich, so das FLI. Das Institut schätzt, dass in diesem Herbst bisher mehr als 200.000 Hühner, Gänse, Enten und Puten nach Geflügelpestausbrüchen in den jeweiligen Haltungen getötet und entsorgt wurden, um die Ausbreitung der Seuche einzudämmen. Die Gesamtzahl der seit Jahresbeginn wegen Vogelgrippe getöteten Nutztiere liege jedoch höher, hieß es.

Was können Betriebe zur Minderung der Infektionsgefahr tun?

Die Behörden fordern Geflügelhalter auf, die Hygieneregeln streng zu befolgen, um die Tierseuche einzudämmen, insbesondere Desinfektionsmaßnahmen und Kleidungsvorschriften. Es sollte vermieden werden, dass das Hausgeflügel Kontakt zu Wildvögeln und deren Ausscheidungen hat, und die eigenen Tiere sollten möglichst in Ställen gehalten werden. Die Fütterung sollte nur an Orten erfolgen, die für Wildvögel unzugänglich sind. In den Regionen, die bereits vom Ausbruch betroffen sind, werden temporäre Schutzzonen eingerichtet, in denen strengere Regeln gelten.

Gibt es Impfstoffe gegen die Vogelgrippe?

Solche Impfungen waren lange Zeit innerhalb der EU nicht zugelassen. Laut FLI gibt es jedoch Impfstoffe für Geflügel, die bereits in Frankreich mit einer Sondergenehmigung bei Enten und Gänsen eingesetzt werden. Die Impfung von Geflügel erfordert umfangreiche Überwachungsmaßnahmen und ist daher nach FLI nur für bestimmte Geflügelarten geeignet, wie beispielsweise Enten und Gänse in Freilandhaltung oder für Zoovögel. Nicht geeignet ist sie für die Masthähnchenproduktion.

dpa