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Von deutschem U-Boot versenkt: Forscher tauchen zu Wrack

Im britischen Nordkanal taucht ein Forschungsteam in 106 Metern Tiefe und identifiziert ein Weltkriegsrelikt. Dahinter steckt eine bewegende Geschichte – mit einem deutschen U-Boot als Aggressor.

Die Tauchgänge fanden nach Angaben des Teams in großer Tiefe und unter herausfordernden Bedingungen statt.
Foto: Dr. Steffen G. Scholz/ProjectXplore /dpa

Ein internationales Forschungsteam hat behauptet, dass sie ein britisches Frachtschiff identifiziert haben, das vor über 100 Jahren von einem deutschen U-Boot versenkt wurde. Das Wrack der HMS Bayano, das im Ersten Weltkrieg für die Seeblockade gegen Deutschland eingesetzt wurde, liegt in einer Tiefe von 106 Metern im Nordkanal zwischen Irland und Schottland. Bei dem Untergang am 11. März 1915 kamen fast 200 Seeleute ums Leben.

«In dieser Tiefe sind die Bedingungen anspruchsvoll, und die Zeit auf dem Meeresgrund ist kurz, aber die Stätte ist bemerkenswert gut erhalten, was sie zu einem außergewöhnlichen Stück Unterwasser-Kulturerbe macht», sagte Expeditionsteilnehmerin Alexandra Pischyna. Die Tauchgänge fanden nach Angaben des Teams in großer Tiefe und unter herausfordernden Bedingungen statt.

Das Wrack befindet sich also 1,7 Seemeilen von der angegebenen Position des überlebenden Royal Marine, Private Arthur Craze, entfernt, sowie 2,4 Seemeilen von der Position, die im sogenannten Kriegstagebuch des deutschen U-Bootes U-27 von Kapitänleutnant Bernd Wegener aufgeführt ist. U-27 der Kaiserlichen Marine wurde in Danzig gebaut und im Jahr 1915 versenkt.

«Das Wrack ist die HMS Bayano»

Die Identifizierung der Bayano basiere «nicht auf einem einzigen Foto, sondern auf einer Reihe sich gegenseitig bestätigender Indikatoren», sagte Steffen G. Scholz, Leiter der Expedition für Unterwasserfotografie und -videografie nach den Tauchgängen im Oktober. Er nannte unter anderem die Kanonengröße, die Lage und Abmessungen sowie die baulichen Merkmale des Schiffs.

«Die Wracks haben historisch sehr unterschiedliche Bedeutungen. Bei der HMS Bayano steckt eine wirklich interessante Geschichte dahinter. Großbritannien organisierte im Ersten Weltkrieg eine Seeblockade gegen die Deutschen», sagte Scholz. «Dazu wurden auch zivile Schiffe bewaffnet, sogenannte AMCs (Armed Merchant Cruisers), wie die HMS Bayano. In diesem Seegebiet wurde nur ein einziges Schiff mit genau dieser Konfiguration versenkt, zwei Sechs-Zoll-Geschütze. Die Identifikation ist unter anderem deshalb eindeutig: Das Wrack ist die HMS Bayano.»

Das Forschungsteam gibt an, für die Identifizierung auch auf deutsche Archive, zeitgenössische Berichte sowie die Aufzeichnung der Aussagen von Überlebenden zurückgegriffen zu haben. So beschreibe LieutenantCommander Guy, dass Captain Henry Carr bis zuletzt auf der Brücke gestanden, zum Abschied gewunken und gerufen habe: «Viel Glück, Jungs», bevor das Schiff in den Wellen verschwand.

15 bis 20 Wracks im Blick

Das Team von «ProjectXplore» hat es sich zum Ziel gesetzt, historisch bedeutsame Schiffswracks zu finden. «Im Moment sind es 15 bis 20 Wracks, die wir im Blick haben und an denen wir arbeiten wollen», sagte Scholz der Deutschen Presse-Agentur. «Mal sind das Projekt und die Aufgabe sehr konkret, mal gibt es nur die Geschichte und das Seegebiet. Dann geht es immer erst wieder weiter, wenn neue Quellen auftauchen, zum Beispiel ein Hinweis von einem Fischer, dessen Netz sich verfangen hat.»

Die Forscher seien laut Pischyna «sehr bedacht darauf, alles so zu belassen, wie wir es vorfinden». Andenken von den Wracks werden nicht mit an die Oberfläche gebracht. «Es ist eine historische Stätte, und sie soll auch so erhalten bleiben. Es gibt Gruppen, die das anders handhaben», sagte die Expeditionsteilnehmerin zum Bayano-Tauchgang.

dpa