Um zehn Prozent will VW die Löhne kürzen. Zur heutigen Tarifrunde hält die IG Metall mit lautstarkem Protest dagegen. Mit einem eigenen Zukunftskonzept will sie VW zum Einlenken bringen.
VW-Tarifrunde: IG Metall macht mit Protest-Kundgebung Druck
Die IG Metall erhöht den Druck im Streit um Sparmaßnahmen bei Volkswagen. Zur dritten Tarifrunde heute in Wolfsburg plant sie, die Konzernvertreter mit lautstarkem Protest zu empfangen. Am Vormittag werden Tausende Teilnehmer zu einer Demonstration vom Werk zum Verhandlungsort in der Volkswagen Arena erwartet, gefolgt von einer Protest-Kundgebung direkt vor dem Stadion.
In der laufenden Tarifrunde seit September bestehen große Unterschiede in den Positionen. VW fordert eine pauschale Lohnkürzung um zehn Prozent und plant außerdem die Streichung verschiedener Boni und Zulagen. Auch Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen sind möglich. IG Metall und Betriebsrat streben danach, dies zu verhindern und setzen auf ein eigenes Zukunftskonzept für VW, das sie am Mittwoch präsentiert haben.
IG Metall schlägt Zukunftsfonds vor
Sie schlagen vor, die nächste Tariferhöhung vorübergehend in einen Zukunftsfonds einzuzahlen und vorerst nicht auszuzahlen. Im Gegenzug soll VW auf Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verzichten. Die Bedingung ist jedoch, dass VW den aktuellen Pilotabschluss für die Metall- und Elektroindustrie übernimmt, der eine Erhöhung um insgesamt 5,1 Prozent in zwei Stufen vorsieht.
Für VW, wo nach Haustarif gezahlt wird, gilt das aber nicht automatisch. Volkswagen lehnt bisher jede Erhöhung ab und fordert stattdessen eine «Minus-Runde». Auf das Angebot der IG Metall reagierte das Unternehmen zunächst zurückhaltend. Die konkreten Vorschläge müsse man nun finanziell bewerten. Beide Seiten kündigten aber an, heute am Verhandlungstisch über die neuen Vorschläge beraten zu wollen.
Niedersachsen unterstützt Vorstoß
Rückendeckung für ihr Konzept erhält die Arbeitnehmerseite von der Landesregierung in Hannover. «Es ist gut, dass hier nun neue Vorschläge auf den Tisch kommen», sagte Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Beide Seiten sollten jetzt rasch gemeinsam Lösungen erarbeiten. «Es ist im Interesse aller Seiten, zügig zu Ergebnissen zu kommen.»
Die Vorschläge von IG Metall und Betriebsrat «können hier sicherlich eine Grundlage bilden», so der SPD-Politiker, der von 2013 bis 2017 selbst Mitglied im VW-Aufsichtsrat war. Er erwarte von VW, dass man sich «sehr gewissenhaft und konstruktiv damit auseinandersetzt».
Niedersachsen hält einen Anteil von 20 Prozent der Stimmrechte an VW. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und seine Stellvertreterin Julia Willie Hamburg (Grüne) vertreten das Land im Aufsichtsrat.
VW mit langer «Giftliste»
In der zweiten Tarifrunde im Oktober hatte VW signalisiert, auch über Lösungen sprechen zu wollen, die ohne Entlassungen und Werksschließungen auskommen. Allerdings nur, wenn die von VW gesteckten Sparziele trotzdem erreicht werden. Zuvor hatte Volkswagen am Verhandlungstisch erstmals Details zu seinen konkreten Sparplänen genannt. IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger sprach damals von einer langen «Giftliste».
Der Tarifvertrag von VW gilt für etwa 125.000 Mitarbeiter an den sechs großen Standorten von Volkswagen in Niedersachsen und Hessen. Schon der Beginn der ersten Tarifverhandlung im September in Hannover wurde von einer Protestkundgebung vor dem Verhandlungssaal begleitet. Die Friedenspflicht bei Volkswagen dauert noch bis Ende November an.
Ab 1. Dezember sind auch Streiks möglich. Gröger drohte bereits: «Sollte der Vorstand auf Maximalpositionen und Werksschließungen beharren, übernimmt er die Verantwortung dafür, dass wir in einen Arbeitskampf um Standorte laufen, wie ihn die Republik noch nicht erlebt hat.»