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Harvey Weinstein erneut schuldig befunden,aber nur teilweise

Die Geschworenen sahen schwere Sexualverbrechen als erwiesen an, jedoch nicht in allen Anklagepunkten. Der Prozess wird weitergeführt.

Urteil im neu aufgerollten Weinstein-Prozess. (Archivbild)
Foto: Yuki Iwamura/AP/dpa

Im Rahmen eines erneut aufgerollten Strafprozesses wurde der frühere Hollywood-Produzent Harvey Weinstein erneut teilweise schuldig gesprochen. Die Geschworenen stellten nach langen Beratungen fest, dass der heute 73-Jährige einst schwere Sexualverbrechen an einer Frau begangen hat, wie US-Medien übereinstimmend berichteten.

Die Jury sprach ihn in einem weiteren Anklagepunkt der schweren Sexualverbrechen gegen eine zweite Frau frei. Bei dem dritten Anklagepunkt der Vergewaltigung einer dritten Frau konnten sich die zwölf Geschworenen nicht einigen.

Der Richter bat sie dann, in diesem Punkt weiter zu beraten. In den letzten Tagen gab es immer wieder Berichte über Unstimmigkeiten und Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Jury.

Schuldspruch von 2020 war kassiert worden

Ein Gericht in New York hat den Schuldspruch gegen Weinstein von 2020 wegen Vergewaltigung und kriminellen sexuellen Handlungen sowie die 23-jährige Haftstrafe im letzten Jahr überraschend aufgehoben – aufgrund schwerwiegender Verfahrensfehler.

Die Zulassung mehrerer Zeugenaussagen, die nicht Teil der formellen Anklage waren, war der Hauptkritikpunkt, da sie das Urteil der Geschworenen unrechtmäßig beeinflusst hätten.

Der Prozess wurde dann erneut eröffnet und behandelte erneut die Hauptanklagepunkte. Die Anklage stützte sich während des etwa sechs Wochen dauernden Verfahrens auf die Aussagen von drei Frauen.

Sie berichteten davon, wie sie Weinstein in ihrer Jugend in der Filmindustrie kennengelernt hatten und hoffnungsvoll auf eine Karriere hinarbeiteten – und wie er dann seine Autorität als führender Filmproduzent nutzte, um sexuelle Übergriffe zu begehen. Zwei der Frauen hatten bereits im ersten Prozess ausgesagt, und diesmal kam eine dritte Hauptzeugin hinzu.

Erschütternde Vorwürfe – oder Zweifel an Glaubwürdigkeit?

Die Frauen berichteten in teilweise erschütternden und emotionalen Aussagen, wie der oscarprämierte Produzent seine Machtposition in der Filmbranche genutzt hat, um sie zu bedrängen. Weinstein selbst entschied sich dagegen, eine Aussage zu machen. Die Verteidigung rief nur wenige eigene Zeugen auf, versuchte jedoch, Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Belastungszeuginnen zu streuen.

Weinstein bleibt unabhängig vom Ausgang des Verfahrens in New York in Haft. Im Jahr 2023 wurde er in Kalifornien in einem separaten Strafverfahren zu 16 weiteren Jahren Haft verurteilt. Auch dort wurde ihm sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Seine Verteidigung hat auch gegen dieses Urteil Berufung eingelegt.

Weinsteins Gesundheitszustand war während des gesamten Prozesses Gegenstand öffentlicher Diskussionen. Nach Angaben seiner Anwälte leidet der 73-Jährige unter mehreren chronischen Erkrankungen, darunter Bluthochdruck, Diabetes und Herzprobleme. Medienberichten zufolge wurde zuletzt auch eine Leukämie-Diagnose bestätigt. Richter Curtis Farber erlaubte ihm, die Zeit während des Prozesses im Krankenhaus zu verbringen.

Was das Urteil für die MeToo-Bewegung bedeutet

Die Anschuldigungen gegen Weinstein kamen 2017 ans Licht und lösten die weltweite MeToo-Bewegung gegen männlichen Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe aus. Seitdem haben über 80 Frauen öffentlich erklärt, dass der einst mächtige Filmproduzent («Pulp Fiction», «Gangs of New York») seine Position für sexuelle Übergriffe ausgenutzt hat.

Der erste Schuldspruch wurde in vielen Kreisen als gesellschaftlicher Fortschritt und juristischer Meilenstein gefeiert, weil die Aussagen der Zeuginnen auch ohne klare materielle Beweise ausreichend waren, um die Jury von Weinsteins Schuld zu überzeugen. Sogar die Vereinten Nationen sprachen von einem «wichtigen Wendepunkt» bei der Verfolgung von Gewalt gegen Frauen.

Obwohl die Aufhebung des Urteils viele Unterstützer von MeToo schockierte, war das Interesse der Medien an der Wiederaufnahme des Prozesses weit geringer als beim ersten Verfahren.

Laut Experten bleibt der kulturelle Wandel, der durch den Fall angestoßen wurde und Fortschritte bei der Stärkung von Frauenrechten zeigt, weitgehend unberührt von der juristischen Entscheidung.

dpa