Ein bedeutender Papst, der bis heute wirkt. Sein Todestag inspirierte den Namen für den letzten Tag des Jahres. Heute gedenken die Italiener des Heiligen.
Silvester I.: Der vergessene Papst aus dem Wald

In Rom gibt es Kirchen, in denen die Schlangen länger sind. Besonders vor dem Petersdom, wo die meisten Päpste begraben sind. Auch in Santa Maria Maggiore, wo in diesem Jahr Papst Franziskus, der Argentinier, beigesetzt wurde, der auch nach seinem Tod die Dinge anders haben wollte als seine Vorgänger. Die Touristen strömen nun täglich zu Tausenden in die Marienkirche in der Nähe des Hauptbahnhofs. Hingegen nehmen nur wenige die kleine Kirche San Silvestro in Capite inmitten des historischen Zentrums wahr.
Der Bau aus dem achten Jahrhundert ist die Grabstätte eines bedeutenden Papstes, der bis heute Einfluss hat: Silvester I. – der Mann, nach dem der letzte Tag des Jahres benannt ist. Es ist sein Todestag: Der 33. Pontifex der katholischen Kirche, der zuvor als Einsiedler im Wald gelebt hatte, verstarb am 31. Dezember des Jahres 335 nach Christus gemäß dem Gregorianischen Kalender. Er erreichte nur knapp über 50 Jahre.
Italiener feiern capodanno statt Silvester
Auch die Italiener gedenken am Mittwoch wieder des Heiligen, der zudem Schutzpatron aller Haustiere ist. Allerdings: Dass in Deutschland (und in Österreich, Polen, Tschechien, der Schweiz und der Slowakei) die Leute «Silvester feiern» – also einen Todestag und dazu noch den eines Papstes -, versteht hier keiner. In Italien heißt der Tag capodanno (wörtlich: Kopf des Jahres). Im Englischen lautet der Begriff New Year’s Eve (Vorabend des neuen Jahres), im Spanischen nochevieja (Alte Nacht).
So oder so: Warum der Mann, der vor 1700 Jahren als Pontifex wirkte, in der Geschichte so wichtig war, weiß heute in vielen Ländern nur noch eine Minderheit. Sein Name stammt vom lateinischen Wort für Wald, silva. Silvester bedeutet also Mann aus dem Wald: Bevor er Papst wurde, soll er tatsächlich im Forst von Soratte nahe Rom gelebt haben.
Erster Papst, der nicht verfolgt wurde
Gemäß der Legende heilte Silvester dann den leprakranken Kaiser Konstantin, woraufhin dieser die Verfolgung von Christen im Römischen Reich beendete. Tatsächlich wurde das Edikt von Mailand, das das Christentum zur offiziellen Religion erklärte, bereits 313 unterzeichnet – also einige Monate bevor Silvester Papst wurde. Während seines Pontifikats von Januar 314 bis Dezember 335 fanden jedoch die großen Veränderungen statt.
In dieser Zeit entstanden auch die ersten Basiliken Roms, darunter die Vorgänger des Petersdoms und der Lateranbasilika. In den Vatikanischen Museen, die jedes Jahr von mehr als sechs Millionen Besuchern besucht werden, befindet sich ein berühmtes Fresko nach Entwürfen von Raffael (1483-1520), das zeigt, wie Kaiser Konstantin von Silvester persönlich getauft wird. Diese Szene ist jedoch frei erfunden. Die Tiara, die dreifache Krone der Päpste, die Silvester auf dem Fresko trägt, existierte zu Lebzeiten von Silvester noch nicht.
Legende über Drachenbändiger auf 365 Stufen
Die Geschichte, wie Silvester einen Drachen bändigte, der in einer Höhle am Palatin hauste, gehört sicherlich ins Reich der Fabeln. Der Atem des Drachens soll so infernalisch gestunken haben, dass Tausende von Menschen starben. Silvester soll ihn jedoch mit einem einzigen Faden seines Papstgewandes gefesselt haben und ihn 365 Stufen hinauf ins Tageslicht geschleppt haben – sozusagen mit 365 Schritten dem neuen Jahr entgegen.
In der Amtszeit von Silvester fand das erste ökumenische Konzil der Geschichte statt. Im Jahr 325 trafen sich in Nicäa, dem heutigen Iznik in der Türkei, Bischöfe aus verschiedenen Regionen, um sich auf theologische Grundlagen zu einigen. Die Versammlung verabschiedete auch das Glaubensbekenntnis, das bis heute gesprochen wird. Auf seiner ersten Auslandsreise besuchte der neue Papst Leo XIV., der auch Bischof von Rom ist, im vergangenen Monat diesen Ort.
Kein Feuerwerk zum Jahresende
In San Silvestro, wo einige Überreste von Silvester liegen, war Leo seit seiner Wahl im Mai noch nicht gewesen. Der erste Pontifex aus den USA verhält sich wie die ausländischen Touristen, die lieber zur Spanischen Treppe und zum Trevi-Brunnen pilgern, ganz in der Nähe der Kirche. Die meisten haben wahrscheinlich noch nie von dem Grab unter dem Altar gehört. Heute, am Namenstag, findet in San Silvestro wie jedes Jahr ein Gottesdienst statt. Ein Feuerwerk gibt es nicht.








