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Wetter extrem: Wie gut sind Langzeitprognosen wirklich?

Kommt ein warmer Sommer? Vielleicht. Wird er extrem trocken? Wahrscheinlich. Ist das sicher? Nein. Wetterprognosen wirken oft beeindruckend – und können sich doch ganz anders entpuppen.

Langfristige Sommerprognosen von Wetterdiensten zeigen Tendenzen, liefern aber keine konkreten Vorhersagen für einzelne Tage oder Wochen.
Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Erste Vorhersagen für den Sommer 2025 deuten auf extreme Wetterbedingungen hin – und wecken gleichzeitig Bedenken hinsichtlich Dürre und Hitzewellen. Aber wie vertrauenswürdig sind solche langfristigen Prognosen überhaupt? Ein Faktencheck.

Behauptung

Deutschland steht erneut ein heißer und trockener Sommer mit Dürreperioden bevor.

Bewertung

Möglicherweise, jedoch nicht definitiv.

Fakten

Es ist schwierig, langfristige Vorhersagen über das Wetter im kommenden Sommer zu treffen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) erstellt zwar Jahreszeitenvorhersagen, die jedoch keine konkreten Wetterdaten für einzelne Tage oder Wochen liefern.

Anstelle dessen basieren sie auf Wahrscheinlichkeiten für klimatische Tendenzen über einen Zeitraum von etwa drei Monaten. Es handelt sich also nicht um klassische Wetterprognosen, sondern um langfristige Vorhersagen, die auf komplexen Klimamodellen basieren.

Dem DWD zufolge gibt es aktuell eine starke Tendenz für einen wärmeren Sommer 2025 in Deutschland. «Auch in Zukunft ist mit einem Anstieg der Häufigkeit von Hitzewellen und Trockenperioden im Sommer zu rechnen», erklärt Andreas Paxian vom DWD gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Diese erwartete Zunahme ist auf den Klimawandel zurückzuführen.

Das Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) in Hamburg prognostiziert ebenfalls einen voraussichtlich heißen Sommer und stützt sich dabei auf Ozean-Daten: Europäischen Hitzesommern geht oft ein Wärmestau im Nordatlantik voraus, der sich jeweils etwa drei Jahre vor einem Hitzeextrem aufbaut. Daher lassen sich solche extrem warmen Sommer bis zu drei Jahre im Voraus vorhersagen. Die Ursache für den Wärmestau sind Anomalien im Wärmetransport im Ozean, die sich auch auf die Atmosphäre auswirken.

Ferne Vorhersage bedeutet schlechte Prognosekraft

Laut DWD beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass die Durchschnittstemperatur von Juni bis August über dem langjährigen Mittel (1991–2020) liegt, nach aktuellen Modellrechnungen rund 81 Prozent. Ein wärmerer Sommer wird daher als wahrscheinlich angesehen, jedoch handelt es sich nicht um eine konkrete Wetterprognose.

Saisonale Vorhersagen beschreiben klimatische Tendenzen über drei Monate hinweg und unterscheiden sich deutlich von der täglichen Wettervorhersage. Zwar lassen sich daraus Hinweise auf mögliche Entwicklungen ableiten, doch die Aussagekraft bleibt begrenzt. Für den Sommer 2025 bewertet der DWD die Prognosegüte lediglich als «mittel» – sie ist also nicht wesentlich besser als eine statistische Abschätzung auf Basis vergangener Jahre.

Für den Spätsommer liegt die Wahrscheinlichkeit für überdurchschnittlich warme Bedingungen laut DWD zwar bei 83 Prozent, allerdings bei «schlechter» Vorhersagequalität. Das bedeutet: Die Prognosekraft ist hier so gering, dass empfohlen wird, alle drei Temperaturkategorien – kälter, normal, wärmer – als gleich wahrscheinlich anzunehmen.

KI soll Prognosen intelligenter machen – mit Risiken

Der DWD entwickelt derzeit eigene KI-Modelle, die noch in diesem Sommer erstmals in die Vorhersagen eingebunden werden sollen. Künstliche Intelligenz spielt eine immer wichtigere Rolle in der Wettervorhersage, besonders in der Modellierung und Datenverarbeitung.

Das Ziel ist es, Prognosen schneller, genauer und benutzerfreundlicher zu machen. Jan Keller, zuständig für Datenassimilation und die Verwendung neuer und unkonventioneller Beobachtungen beim DWD, erklärt, dass die Vorteile in der schnellen Verarbeitung großer Datenmengen und der besseren Anpassung an verschiedene Nutzergruppen liegen. Laut ihm bestehen jedoch auch Risiken: KI-Systeme können physikalische Zusammenhänge nur eingeschränkt abbilden und möglicherweise fehlerhafte Ergebnisse bei Extremwetterlagen liefern.

Rekordverdächtig trockenes Frühjahr

Die aktuellen DWD-Daten zeigen, dass seit Monaten im Vergleich zum langjährigen Mittel sehr wenig Regen gefallen ist. Sollte der Mai ebenfalls weitgehend trocken bleiben, könnte das Frühjahr 2025 das trockenste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 werden. Der bisherige Negativrekord war das Frühjahr 1893 mit nur 85,3 Millimeter Niederschlag, gefolgt von 2011 mit 89,5 Millimeter.

Im März und April gab es in ganz Deutschland etwa 47,3 Millimeter Regen, im bisherigen Mai etwa 13 Millimeter. Wenn es in den verbleibenden Tagen im Mai trocken bleibt, würde die Gesamtsumme nur etwa 60 Millimeter betragen. Ob es tatsächlich zu einem neuen Negativrekord kommt, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.

Auch politisch gewinnen die Themen Trockenheit und Wassermanagement an Bedeutung: Die EU-Kommission plant, noch vor dem Sommer eine Wasserstrategie vorzulegen, um auf die steigende Wasserknappheit in Europa zu reagieren. Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) bezeichnete die aktuelle Trockenheit in Deutschland bereits als Naturkatastrophe – mit deutlichen Auswirkungen auf Umwelt, Schifffahrt und Wirtschaft.

dpa