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Deutscher Arbeitsmarkt sucht nach Trendwende im Winter

Investitionspakete könnten Arbeitsmarkt beleben, doch fehlen weiterhin notwendige Impulse. Beschäftigungswachstum könnte 2026 erstmals stagnieren, Sorgen um Fachkräftemangel wachsen.

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Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im September wieder unter die Drei-Millionen-Grenze gesunken (Archivbild).
Foto: Patrick Pleul/dpa

Der deutsche Arbeitsmarkt befindet sich auf der Suche nach der Talsohle. Auf die Frage, ob der Tiefpunkt bereits im August erreicht wurde und das Unterschreiten der Drei-Millionen-Grenze im September bereits als Trendwende zu interpretieren sei, antwortete die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, mit einem klaren Nein. Es könnte im Winter erneut nach oben gehen, da der Arbeitsmarkt eng mit der Konjunktur verbunden ist.

Wenn die Konjunkturpakete der Bundesregierung die Wirtschaftsleistung steigern könnten, dann könnte auch der Arbeitsmarkt davon profitieren. „Es besteht Hoffnung auf eine Trendwende im kommenden Jahr“, sagt Nahles. Aber mehr als das gibt es eben auch noch nicht.

Im September verringerte sich die Anzahl der Arbeitslosen in Deutschland im Vergleich zum August um 70.000 auf 2,955 Millionen. Dies entspricht 148.000 mehr Arbeitslosen als im Vorjahr, wie die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg bekannt gab. Die Arbeitslosenquote sank im September um 0,1 Punkte auf 6,3 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist die Quote um 0,3 Punkte höher. Die September-Statistik basierte auf Daten, die bis zum 11. des Monats verfügbar waren.

Wenig Impulse

«Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung nehmen allein aus saisonalen Gründen im September ab. Dem Arbeitsmarkt fehlen weiterhin die notwendigen Impulse für eine kräftigere Belebung», sagte Nahles. Für Arbeitslose sei es weiterhin schwer, einen Job zu finden. Im September sinkt die Arbeitslosigkeit üblicherweise leicht. Unter anderem endet die Sommerpause, die in einigen Branchen zu weniger Beschäftigung führt. Außerdem treten viele junge Leute in dieser Zeit des Jahres ihre Ausbildungen an und fallen somit aus der Statistik. 

Die Sorgenfalten auf der Stirn der Arbeitsmarktexperten werden jedoch durch einen ganz anderen Effekt getrieben: Deutschland fehlt es an arbeitsfähigen Menschen. Ein kontinuierlicher Anstieg der Beschäftigung hat den Arbeitsmarkt jahrelang angetrieben. Laut Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung wird es im Jahr 2026 erstmals kein Beschäftigungswachstum mehr geben. Dies könnte sich zu einer Wachstumsbremse für die gesamte Konjunktur entwickeln.

«Die Balance am Arbeitsmarkt kippt», sagt Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. «Die Beschäftigung wächst praktisch nur noch im öffentlichen Dienst, in Erziehung und Gesundheit. Im produzierenden Gewerbe geht sie zurück. Das ist aber das Rückgrat unserer Wirtschaft», betont er. Reformen seien keine politische Kür, sondern ökonomische Pflicht. «Nur eine starke Wirtschaft sichert einen starken Sozialstaat. Konkret heißt das: Wir brauchen jetzt echte Entbürokratisierung, zukunftsgerichtete Sozialstaatsreformen und Vorfahrt für Arbeit statt Nicht-Arbeit.»

Unternehmerische Fehlentscheidungen

Auch die Nachfrage der Betriebe nach Arbeitskräften ging im September weiter zurück. 630.000 freie Arbeitsstellen wareb bei der Bundesagentur gemeldet, 66.000 weniger als vor einem Jahr. «Es gibt schlicht und ergreifend zu wenig Jobs», sagt Anja Piel, Mitglied im Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes. «Im zweiten Herbst in Folge passiert am Arbeitsmarkt zu wenig, heißt: Die Arbeitslosigkeit bleibt auf hohem Niveau.» Die Beschäftigten, die jetzt ihre Jobs verlieren, sind zum großen Teil Opfer unternehmerischer Fehlentscheidungen.»

 Kurzarbeit stabil bis rückläufig

Die Kurzarbeit blieb im September weitgehend stabil. Laut aktuellen Daten wurden vom 1. bis einschließlich 24. September für 36.000 Personen konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt. Aktuelle Daten zur tatsächlichen Inanspruchnahme stehen bis Juli 2025 zur Verfügung. Im selben Monat wurde nach vorläufigen hochgerechneten Daten für 199.000 Beschäftigte konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt. Dies waren 4.000 weniger als im Vormonat, aber 5.000 mehr als im Juli des Vorjahres.

dpa