Ein Mädchen am OP-Tisch: Wie es dazu kam, dass ein Kind Hand anlegte – und warum das Gericht die beteiligten Ärzte freisprach.
Zwölfjährige als «Helferin» bei Schädel-OP – Freisprüche

Die beiden beteiligten Chirurgen in Österreich wurden freigesprochen, nachdem eine damals Zwölfjährige bei einer Notoperation assistieren durfte. Die Bezirksrichterin in Graz erklärte, dass nicht nachgewiesen werden könne, dass das Kind aktiv ein Loch in den Schädel des Patienten gebohrt habe.
Die Staatsanwaltschaft hat die Mutter des Kindes, eine Chirurgin, sowie ihren Kollegen wegen Beteiligung an einer Körperverletzung angeklagt, da sie es angeblich zugelassen haben, dass das Mädchen als medizinisch ungeschulte Person eine Behandlung durchführt.
«Da sind viele Dinge, die im Argen liegen (…) und die ich – salopp gesagt – als Wahnsinn empfinde», sagte die Richterin über die Operation, bei der das Kind am OP-Tisch stand. Doch sie betonte, dass es bei dem Prozess nicht um ethische, sondern um juristische Fragen gehe. «Zusammengefasst ist Ihr Verhalten vom Gesetz nicht mit Strafe bedroht», sagte sie den Angeklagten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Tochter wollte mit zur Operation
Der Patient wurde im Januar 2024 nach einem Unfall bei Forstarbeiten mit einer schweren Kopfverletzung in eine Universitätsklinik in Graz im Süden Österreichs gebracht. Die Tochter der erfahrenen Neurochirurgin begleitete zufällig ihre Mutter zur Arbeit an diesem Tag und bat darum, mit ihr in den Operationssaal zu kommen.
Dort bat das Kind gegen Ende des Eingriffs darum, mithelfen zu dürfen. Der angeklagte Chirurg, der das Loch bohren sollte, erlaubte es nach eigenen Angaben, dass das Kind auch eine Hand oder beide Hände auf den Bohrer legte. Er betonte jedoch vor Gericht, dass er stets die Kontrolle über das Gerät behielt.
Chirurgin berichtete stolz vom Bohrloch der Tochter
Die Mutter hatte danach mehreren Pflegerinnen im Krankenhaus stolz erzählt, dass ihre Tochter soeben ihr erstes Bohrloch gesetzt habe. Dies bestätigten vor Gericht sowohl die Chirurgin als auch mehrere Zeuginnen. Aus Sicht der Richterin war damit aber auch damit nicht bewiesen, dass das Kind selbst den Bohrer geführt habe. Es komme häufig vor, dass Mütter die Leistungen ihrer Kinder übertrieben darstellten, so die Richterin.
Die Chirurgin entschuldigte sich bei allen Beteiligten dafür, ihre Tochter zu dem Eingriff mitgenommen zu haben. «Das war der größte Fehler meines Lebens», sagte die Ärztin, die so wie auch der mitangeklagte Kollege nicht mehr in der Klinik tätig ist.
OP-Personal erinnert sich nicht
Im Verfahren wurden auch zwei OP-Assistenten und eine Anästhesistin befragt, die direkt im OP-Saal anwesend waren. Jedoch gaben diese Zeugen an, dass sie sich entweder gar nicht oder nicht detailliert erinnerten – obwohl sie teilweise selbst am OP-Tisch anwesend waren.
Einem Operations-Helfer, der für die Dokumentation des Eingriffs zuständig war, war etwa die Anwesenheit des Mädchens überhaupt nicht aufgefallen. Chirurgen hätten immer wieder mal Kollegen oder Studenten zu Operationen mitgenommen, ohne dass dies in den OP-Protokollen vermerkt worden sei, schilderte er die damaligen Zustände in der Klinik. Inzwischen seien jedoch strengere Regeln eingeführt worden, sagte er.
Patient leidet noch immer
Die Schädelbohrung und die Anwesenheit des Kindes führten laut einem Gutachten bei dem Patienten zu keinen physischen Komplikationen. Doch er müsse immer wieder daran denken, dass ihn eine Zwölfjährige operiert habe, sagte er vor Gericht. «Das macht mich psychisch sehr fertig», sagte der 35-Jährige, der aufgrund seiner schweren Verletzung keiner Arbeit nachgehen kann.








