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„Micha denkt groß“: Komödie über Wassermangel und Visionen im Kino

Die Impro-Stars Charly Hübner und Jan Georg Schütte bringen den Film am 22. August ins Kino. Ein Luxuswellnesshotel und ein dramatischer Wassermangel sorgen für Spannung und Humor.

Charly Hübner spielt die Titelrolle in "Micha denkt groß".
Foto: © ARD Degeto/MDR/Florida Film/Pandora Film/Thomas Leidig

Die Komödie “Micha denkt groß” der erfahrenen Impro-Stars Charly Hübner (51, “Mittagsstunde”) und Jan Georg Schütte (61, “Kommissar Dupin”) startet am 22. August in den Kinos. Nur wenige Wochen später, am 1. November, wird der Film über das fiktive ostdeutsche Dorf Klein-Schappleben, das mit einem dramatischen Wassermangel zu kämpfen hat, um 20:15 Uhr im Ersten ausgestrahlt. Für den ungewöhnlichen Zeitplan gibt es eine einfache Erklärung:

“So haben wir die Möglichkeit, unser Publikum mal ganz persönlich zu treffen. Etwas, was mir bei der alleinigen TV-Ausstrahlung immer sehr fehlt”, sagt Schütte dem Sender. Filmemacher Lars Jessen (55, “Vadder, Kutter, Sohn”), der mit Schütte für Buch und Regie verantwortlich ist, ergänzt: “Wir wollen mit den Schauspielerinnen und Schauspielern durchs Land fahren und mit so vielen Leuten ins Gespräch kommen wie möglich. Das Kino eignet sich dafür besonders. Und wir sind nicht nur im Osten präsent. Das Thema geht uns alle an – auch so eine zentrale Erkenntnis, die langsam einsickert.”

Darum geht’s in “Micha denkt groß”

Micha (Charly Hübner) hatte seine Heimatgemeinde Klein-Schappleben in Sachsen-Anhalt früh verlassen, um in Berlin ein Gaming-Startup zu gründen, das ein großer Erfolg wurde. Nachdem er jedoch eine zweite Neugründung in Berlin scheitern ließ und sich aus einem Burnout herauskämpfen musste, möchte der “Visionär und Founder” nun auf dem Land einen neuen Versuch starten. Bei einer Bürgerversammlung in seiner Heimatgemeinde präsentiert Micha seine Pläne für das alte Hotel seiner verstorbenen Eltern.

Es soll in ein Luxuswellnesshotel verwandelt werden, in dem “Arbeit, Kreativität, Genuss und Happyness verschmelzen”. Bürgermeisterin Moni Hoffmann (Annett Sawallisch, geb.1978) und die mobile Massagetherapeutin Tina Oppermann (Jördis Triebel, 46) sind begeistert. Die restliche Dorfgemeinschaft lässt sich von Michas Macher-Naturell und seinem Alles-Easy-Mindset allerdings nicht überzeugen. Viel drängender ist für Landwirte wie den Bio-Schafzüchter Jonas Oppermann (Ulrich Brandhoff, 38) und den Großbauern Hermann Köppe (Peter Kurth, 67, “Zwei zu eins”) das existenzbedrohliche Wasserproblem in ihrer Region …

“Micha denkt groß”: Großbauer Hermann Köppe (Peter Kurth), mobile Massagetherapeutin Tina Oppermann (Jördis Triebel) und Querdenker und Prepper Bernd Schlüter (Jan Georg Schütte, r.). / © ARD Degeto/MDR/Florida Film/Pandora Film/Thomas Leidig

Kann eine Kinokomödie dem ernsten Thema Wassermangel gerecht werden?

Eine Impro-Kinokomödie, die dem ernsten und nicht individuell lösbaren Problem Wassermangel gerecht werden will, ist eine Herausforderung – das weiß auch Schütte. “Das war ja die große Challenge hier: einen Themenfilm zu machen, ohne zu moralisieren”, gibt er zu, aber: “Dokumentationen sind ja nicht jedermanns Sache. Mit Entertainment kann man hoffentlich eine größere Anzahl von Personen erreichen”, erklärt er weiter.

Über die angebliche Unvereinbarkeit von Wassermangel, Komödie und Improvisation sagt der Spezialist außerdem: “Wassermangel ist ein bitterer Fakt, den viele Menschen nicht wahrhaben wollen, Humor ist eine Brücke, um die Angst vor dem Thema zu nehmen, und Impro ist der Weg, um das möglichst persönlich zu erzählen.” Kollege Jessen ergänzt: “Die größte Komik ist fast immer der Tragik geschuldet. Und es gibt doch nichts Schöneres, als dazu eingeladen zu werden, auch mal über sich selbst zu lachen.” Jessen meint, Humor wirke krampflösend und ermögliche einen Blick nach vorn.

Die Filmemacher betonen die Notwendigkeit dieses Blicks nach vorn durch die Fakten, die im Abspann zur fiktiven Geschichte aufgeführt werden: “Seit 2000 verliert Deutschland 2,5 Billionen Liter Wasser pro Jahr. Das entspricht der Wassermenge des Bodensees. Damit ist Deutschland eine der Regionen mit dem höchsten Wasserverlust weltweit.”

Uneitle und erfahrene Impro-Stars mit Liebe zum Osten

Jan Georg Schütte war als Regisseur und Autor bereits für diese Impro-Fernsehfilme verantwortlich: “Altersglühen – Speed Dating für Senioren” (2014), “Wellness für Paare” (2016), “Klassentreffen” (2019), “Tatort: Das Team” (2020, Abschiedsfall von Münster-Liebling Nadeshda Krusenstern), “Für immer Sommer 90” (2021), “Kranitz” (2021), “Das Begräbnis” (2022) und “Das Fest der Liebe” (2023). Derzeit arbeitet er an der Fortsetzung der letzten beiden Filme mit dem Arbeitstitel “Die Hochzeit”.

In den meisten seiner Impro-Projekte ist der ehemalige “Polizeiruf 110”-Star Charly Hübner dabei. Schütte und Hübner verbindet jedoch nicht nur die Leidenschaft für improvisierte Schauspielkunst. In fast jedem gemeinsamen Projekt zeigen sie zudem eine enorme Spielfreude, Wortgewandtheit und Uneitelkeit. Dies wird besonders beeindruckend im neuesten Film von Schütte demonstriert, in dem er neben der Regie auch die Rolle des Querdenkers und Preppers Bernd Schlüter übernimmt – “Drei, vier Jahre kann ich überleben, ich muss gar nicht aus dem Keller raus”.

Eine weitere rote Linie, die sich in vielen gemeinsamen Projekten zeigt, ist die tiefe Liebe für den Norden und Osten Deutschlands. “Nun, Charly Hübner [stammt aus Mecklenburg-Vorpommern, Red.] gibt uns immer so tolle Impulse, meine Ehefrau kommt aus Sachsen und so kriege ich die Themen auch immer wieder frei Haus geliefert”, nennt der gebürtige Oldenburger Schütte einen Grund.

Und Jessen, der unter anderem bei diversen Münster-“Tatorten” Regie führte, fügt hinzu: “Ich empfinde es zudem als großes Versäumnis, mich früher viel zu wenig für Ostdeutschland interessiert zu haben. Das ist seit über zehn Jahren anders und ich bin sehr dankbar für die vielen Projekte, an denen ich mitwirken durfte. Vom Dokumentarfilm ‘Wildes Herz’, ‘Polizeiruf 110: Kindeswohl’ aus Rostock, ‘Das Begräbnis’ bis zu ‘Für immer Sommer 90’. Da gab und gibt es so viel voneinander zu lernen”, sagt der gebürtige Kieler. Schließlich sind die ostdeutschen Bundesländer nach der Wende “von einer kapitalistischen Transformationswalze überrannt worden, die in Ausmaß und Geschwindigkeit einzigartig auf der Welt ist”.

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