Sein 13. Fall “Tatort: Murot und das 1000-jährige Reich” führt Ulrich Tukur in einer Doppelrolle ins Jahr 1944. Dort will er die Geschehnisse rund um einen britischen Flugzeugabsturz in einem kleinen Dorf aufklären. Lohnt sich das Einschalten bei diesem ungewöhnlichen “Tatort”?
“Tatort: Murot und das 1000-jährige Reich”: Ermittlungen im Jahr 1944
Der “Tatort: Murot und das 1000-jährige Reich” (20. Oktober um 20:15 Uhr im Ersten) führt Ulrich Tukur (67) in die düstere Vergangenheit Deutschlands. Neben seiner Rolle als Ermittler Felix Murot tritt er auch als Kommissar Friedrich Rother auf, einem kriegsmüden Sonderermittler der Polizei im Jahr 1944. Auch Murots Assistentin Magda Wächter (Barbara Philipp, 58) spielt eine Doppelrolle und erscheint in der Nazi-Zeit als die untergetauchte Jüdin Else Weiß. Der 13. Murot-“Tatort” erweckt vor historischer Kulisse die Atmosphäre des Jahres 1944 zum Leben, in dem der Zusammenbruch des Reichs unmittelbar bevorsteht und Misstrauen, Bespitzelung und Angst selbst das kleinste Dorf erreicht haben.
Darum geht es im “Tatort: Murot und das 1000-jährige Reich”
Murot und Wächter befinden sich derzeit am Frankfurter Flughafen und erwarten die Ankunft des Kriegsverbrechers Hagen von Strelow. Etwa 60 Jahre nach dem Ende des Krieges soll er nun endlich für seine grausamen Verbrechen verurteilt werden. Vor 30 Jahren hatte Murot schon einmal versucht, diese ehemalige Nazi-Größe vor Gericht zu bringen, aber damals konnte er ihm knapp entkommen.
Aus der Perspektive eines Flugzeugs begleiten die Zuschauer gedanklich den jungen von Strelow (Ludwig Simon, 27) ins Jahr 1944. Zu dieser Zeit ist er der Adjutant des hochverdienten Kommissars Rother und ein überzeugter Nationalsozialist. Gemeinsam untersuchen sie in einem scheinbar idyllischen Dorf nahe Frankfurt. Dort ist ein britisches Flugzeug abgestürzt, und der Pilot wurde in der Dorfkapelle erschossen aufgefunden. Im Wald entdeckt man zudem drei tote deutsche Soldaten, während ein vierter angekettet an ein Auto kauert.
Der Überlebende besitzt heikle Informationen: Offenbar spionierte der britische Pilot für die Nazis und plante, streng geheime Pläne zur Landung der Alliierten in der Normandie und zur Befreiung Europas vom Nationalsozialismus nach Berlin zu bringen. Von diesen kriegsentscheidenden Dokumenten fehlt jedoch jede Spur. Das weckt nicht nur Misstrauen unter den verschlafenen Dorfbewohnern. Auch von Strelow zweifelt an der Loyalität seines Vorgesetzten gegenüber dem Regime, da dieser die Pläne offenbar um jeden Preis vor den Nazis verbergen will, und geht entschlossen seinen eigenen Weg.
Lohnt sich das Einschalten?
Ja. Die Idee der Zeitreise im Film ist gut umgesetzt und wird durch die historischen Kulissen des Freilichtmuseums Hessenpark passend unterstützt. Im normalerweise so fantasievollen Universum rund um Felix Murot geht es dieses Mal deutlich konventioneller und realistischer zu, besonders im Vergleich zum vorherigen Fall “Murot und das Paradies” (2023). Murot selbst reist nicht durch die Zeit, sondern wird durch ein historisches Ebenbild ersetzt. Der sonst vertraute Kommissar tritt daher kaum in Erscheinung, da die Szenen in der Gegenwart kurz gehalten sind. Regisseur M. X. Oberg (55) nutzt diese stattdessen als Warnung, warum auch die letzten lebenden Kriegsverbrecher noch nach Jahren vor Gericht gebracht werden sollten.
Gleich zu Beginn wird klar, wer die junge Version des Kriegsverbrechers von Strelow ist, was auch sofort offenbart, wer den Bösewicht spielt. Der Fall ist deshalb vielleicht nicht so spannend, wie man es vom “Tatort” gewohnt ist, aber dennoch sehenswert. Ermittler Rother und seine Einstellung bleiben eher undurchsichtig, was es schwierig macht, mit ihm zu sympathisieren. Man erfährt nichts über seine Vorgeschichte und spätestens, als er im Gasthaus ein Lied gegen Hitler anstimmt, fragt man sich, auf welcher Seite der Oberst mit dem Hakenkreuz-Anstecker steht. Fast spannender als die Aufklärung der Morde ist die Frage, ob Rother sich als Held oder Verbrecher entpuppt und wie er sich gegen seinen Hitler-treuen Adjutanten behaupten wird.
Dass Rothers Vergangenheit so wenig beleuchtet wird, hängt natürlich auch mit der begrenzten Zeit zusammen. Der 90-minütige Film kann verständlicherweise nicht die gesamte Komplexität der NS-Zeit abdecken und in die dunklen Tiefen der Nationalsozialisten wie den erfundenen Hagen von Strelow eintauchen. Dennoch wird durch die Konzentration auf ein Dorf, soweit es die Rahmenbedingungen erlauben, ein solider historischer Kriminalfall präsentiert.