Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus – auch in der Filmbranche? Am 12. September erscheint mit “The Crow” das Remake des tragischen Originals von 1994.
“The Crow” ist zurück: Remake im Höhenflug oder vogelwilder Abklatsch?
Schon unter normalen Umständen ist es manchmal eine äußerst schwierige Aufgabe, eine Geschichte neu zu erzählen, die bereits bei ihrer ersten Kinoveröffentlichung sehr erfolgreich war. Im Fall des Remakes von “The Crow” (1994), das am 12. September in den deutschen Kinos startet, ist die Situation aus dreifachem Grund kompliziert: Das Drama um die Entstehung des Originals, die neue Darstellung der Hauptfiguren und nicht zuletzt der Zeitpunkt der Veröffentlichung.
Liebe und Zorn weit über den Tod hinaus – darum geht es im Remake
Eric Draven (Bill Skarsgård, 34) und Shelly Webster (FKA twigs, 36) sind zwei Seelenverwandte, die zueinander gefunden haben. Ihr Glück währt jedoch nicht lange: Ihre dunkle Vergangenheit holt sie ein, und das Paar wird brutal ermordet. Was eigentlich das Ende sein sollte, wird jedoch zum Anfang eines blutigen Rachefeldzugs: Durch eine mystische Legende ins Leben zurückgeholt, wird Eric zu einem düsteren Todesengel, der zwischen der Welt der Verstorbenen und der Lebenden wandelt und Jagd auf die Mörder macht.
Fiktive Tragödie, reale Tragödie
Brandon Lee (1965-1993), der Sohn der Hollywoodlegende Bruce Lee (1940-1973), verlor 1993 während der Dreharbeiten des Originals auf tragische Weise sein Leben. Eine Reihe von teilweise unglücklichen und teilweise fahrlässigen Entscheidungen während der Produktion führte dazu, dass der Schauspieler Michael Massee (1952-2016) unabsichtlich einen tödlichen Schuss auf Lee abfeuerte. Mit nur 28 Jahren erlag Lee kurz darauf seinen schweren Bauchverletzungen.
Es wäre nicht fair gegenüber dem 1994 erschienenen Film von Alex Proyas (60), dessen Erfolg nur mit der Tragödie um den Hauptdarsteller Brandon Lee zu erklären. Allerdings übt der Film durch Lees Tod während der Dreharbeiten eine gewisse morbide Faszination aus. Viele Menschen gingen auch ins Kino, um Lee auf diese Weise die letzte Ehre zu erweisen. Der Film hat bis heute eine treue Fangemeinde, die einem Remake vermutlich sehr kritisch gegenüberstehen würde.
Lieber das Original zum Jubiläum?
Besonders wenn man bedenkt, zu welchem Zeitpunkt das Remake in die Kinos kommt. Denn erst im Mai dieses Jahres hatte das Original sein 30. Jubiläum seines US-Starts gefeiert. In Deutschland lief “The Crow” hingegen am 28. Juli 1994 an. Mit anderen Worten: Ein Abstand von 30 Jahren ist natürlich eine ausreichende Zeitspanne für eine Neuinterpretation. Das Remake jedoch so kurz nach dem Jubiläum des Originals zu veröffentlichen, könnte strategisch unklug gewesen sein: Viele Fans haben den Jahrestag möglicherweise zum Anlass genommen, den Film von 1994 erneut in ihr Heimkino zu holen. Haben sie jetzt schon wieder Interesse daran, dieselbe Geschichte in neuer Aufmachung zu sehen?
Die Änderungen zum Original
Bereits Proyas Film vor 30 Jahren nahm es mit der Originaltreue zum gleichnamigen Comic nicht allzu genau. Im Remake sind Eric und Shelly zwei Drogenabhängige, die sich während ihres Aufenthalts in einer Entzugsklinik kennenlernen und verlieben. Grundsätzlich ist daran nichts falsch oder verwerflich. Es verleiht ihren Charakteren jedoch eine deutlich andere Tonalität als in der Comic- und Filmvorlage, was nicht jedem gefallen dürfte.