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Abwasser: Pharmafirmen in EU müssen Reinigung mittragen

Durch Medikamente oder auch Make-Up gelangen Mikroschadstoffe ins Wasser. In der EU müssen Herstellerfirmen künftig maßgeblich Kosten mittragen. Pharmaverbände warnen vor mehr Arzneiengpässen.

Müssen sich künftig maßgeblich an der Abwasserreinigung in der Europäischen Union beteiligen: Pharma- und Kosmetikfirmen. (Archivbild)
Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Pharma- und Kosmetikunternehmen müssen in Zukunft einen erheblichen Beitrag zur Abwasserreinigung in der Europäischen Union leisten. Die EU-Länder haben zuvor den mit den Unterhändlern des EU-Parlaments ausgehandelten Regeln zugestimmt, wonach die Hersteller zukünftig mindestens 80 Prozent der zusätzlichen Kosten für eine intensivere Reinigung tragen müssen. Durch Arzneimittel und Kosmetikprodukte gelangen Mikroschadstoffe ins Abwasser.

Zusätzlich sollen nach den neuen Regeln Abwässer in Zukunft auch streng in Bezug auf antibiotikaresistente Erreger, Viren oder Mikroplastik überwacht werden. Die EU-Länder werden zudem verpflichtet sein, die Wiederverwendung von behandeltem Abwasser aus allen kommunalen Kläranlagen zu fördern, wo dies sinnvoll ist – insbesondere in Regionen mit Wasserknappheit. Die Zustimmung der EU-Länder war der letzte erforderliche Schritt im Gesetzgebungsverfahren. Die Regeln werden nun im EU-Amtsblatt veröffentlicht und treten dann in Kraft.

Verbände unterschiedlicher Meinung

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) bezeichnete die neue Richtlinie als «notwendigen Schritt», um die Gewässer langfristig zu schützen. Mit der neu eingeführten Beteiligung der Pharma- und Kosmetikindustrie an den Kosten der Abwasserbehandlung würden die Abwasserkunden mit den Umsetzungskosten nicht länger allein gelassen, sagte Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. «Nachdem die Vorgaben aus Brüssel nun klar sind, brauchen wir jetzt durch eine zügige und praktikable Umsetzung in nationales Recht Klarheit.»

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hingegen bezeichnete die neue Richtlinie als eine «eine völlig verfehlte EU-Gesetzgebung» und warnte, dass einzelne Produkte teurer werden oder einige systemrelevante Arzneimittel völlig vom Markt verschwinden könnten. Der Verband rechne damit, dass die Beteiligung an der Reinigung die deutsche Pharma- und Kosmetikindustrie etwa zwei bis drei Milliarden Euro jährlich kosten werde. Hinzu kämen noch die Bürokratiekosten für das Erheben der Abgabe. 

Pharmabranche warnt vor verstärkten Arzneiengpässen

Der Verband Pro Generika warnte vor Milliardenkosten, die zu verstärkten Arzneiengpässen in Deutschland etwa bei Krebsmitteln, Diabetes-Medikamenten oder Antibiotika führen könnten. Es sei völlig unstrittig, dass Klärwerke ausgebaut werden müssten, um auch Spurenstoffe aus dem Abwasser zu filtern. «Nicht nachvollziehbar ist aber, warum nur zwei Branchen belangt werden, obwohl die zu entfernenden Verunreinigungen auch aus anderen Bereichen – etwa aus Pflanzenschutz- oder Reinigungsmitteln oder aus dem Verkehr – stammen.» Da innerhalb des Erstattungssystems in Deutschland die Arzneimittelpreise nicht erhöht werden könnten, drohe die Produktion von Medikamenten unwirtschaftlich zu werden.

dpa