Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Monopolkommission warnt vor steigenden Lebensmittelpreisen und fordert strengere Kontrolle

Die Macht von Händlern und Herstellern steigt zu Lasten der Verbraucher. Fusionen und Preiserhöhungen belasten die Lebensmittellieferkette.

Bei Supermärkten und Discounter mussten Verbraucher in den vergangenen Jahren immer tiefer in die Tasche greifen.
Foto: Philip Dulian/dpa

Bei Verbrauchern sorgen sie vielfach für Frust – die steigenden Lebensmittelpreise. Laut einem neuen Gutachten der Monopolkommission profitieren Lebensmittelhändler und -hersteller davon unverhältnismäßig stark, Landwirte jedoch immer weniger. «Die Macht des Lebensmitteleinzelhandels und teilweise der Hersteller ist zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher deutlich gestiegen», sagte der Vorsitzende Tomaso Duso. Grund dafür seien zahlreiche Fusionen, zudem betätigten sich Händler zunehmend auch auf Herstellerebene. 

Die damalige Bundesregierung beauftragte im vergangenen Jahr die Kommission, die Lebensmittellieferkette aufgrund steigender Preise und Bauernproteste zu untersuchen. Die unabhängige Gruppe berät die Politik in Fragen der Wettbewerbspolitik, des Wettbewerbsrechts und der Regulierung.

Gemäß dem Statistischen Bundesamt stiegen die Preise für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke im Oktober in Deutschland um 37 Prozent im Vergleich zu 2020. Duso kritisiert, dass die Gewinnmargen von Händlern und Herstellern seit über zehn Jahren steigen. Im gleichen Zeitraum stiegen die Verbraucherpreise stärker als in vielen anderen EU-Ländern. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Kostensenkungen nicht an die Kunden weitergegeben wurden.

Übernahme von Kaiser’s Tengelmann schädlich für Wettbewerb

Laut dem Gutachten nimmt die Kluft zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen immer weiter zu. Zum Beispiel sind die Preise für Milchprodukte im Supermarkt in den letzten Jahren deutlich stärker gestiegen als die Erzeugerpreise.

Rund 85 Prozent des deutschen Lebensmitteleinzelhandels werden von Edeka, Rewe, der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) und Aldi kontrolliert. «Die hohe Marktkonzentration und steigende Preisaufschläge auf Lebensmittel durch Hersteller und Einzelhandel sind besorgniserregend», sagte Duso. Der Wettbewerb sei geschwächt. 

Die Monopolkommission fordert eine strengere Kontrolle künftiger Zusammenschlüsse. Fusionen könnten die Verbraucherpreise demnach weiter in die Höhe treiben. Die 2016 erfolgte Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka hat den Experten zufolge negative Folgen gehabt. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte dem Deal zugestimmt. «Der verbleibende Wettbewerb in den Lieferketten muss dringend geschützt werden», heißt es im Gutachten.

Molkereiriesen fusionieren

Das Gremium ist besorgt darüber, dass Händler immer mehr Lebensmittel selbst produzieren und direkt mit Landwirten verhandeln, was ihnen zusätzliche Macht verschafft. Eigenmarken sind in den letzten Jahren wichtiger geworden. Aufgrund der gestiegenen Preise greifen Verbraucher häufiger darauf zurück.

Die Kommission sieht auch in der Nahrungsmittelindustrie den Wettbewerb schwinden. Als Beispiel wird die geplante Fusion von Arla Foods und der DMK Group genannt. Dadurch entstünde die größte Molkereigenossenschaft Europas.

Das Beratergremium empfiehlt, entschlossener gegen Machtmissbrauch vorzugehen. Wegen der steigenden Marktkonzentration sei eine effektivere Aufsicht erforderlich. Duso fordert außerdem verbesserte Bedingungen für die Landwirtschaft. Es sollte weniger Bürokratie geben. Kriterien für Agrarsubventionen sollten mehr auf Produktivität, Innovation und Nachhaltigkeit ausgerichtet sein.

dpa