Trotz Fußball-EM sank der Bierverkauf um 2,0 Prozent im Inland auf den niedrigsten Stand seit 1993.
Deutsche Brauereien verzeichnen historischen Absatzrückgang
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Trotz der Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land haben die deutschen Brauereien im vergangenen Jahr historisch wenig Bier verkauft. Vor allem kleinere Betriebe stehen nach Branchen-Einschätzung am Scheideweg, weil hohe Investitionen anstehen, um den energieintensiven Brauprozess klimaneutral zu machen.
Der Absatz im Inland sank im Vergleich zum Vorjahr um weitere 2,0 Prozent auf 6,8 Milliarden Liter, wie das Statistische Bundesamt berichtet. Dies ist der niedrigste Stand seit der Neufassung der Biersteuer im Jahr 1993, die als Grundlage für die Statistik dient.
Auch der erneut steigende Export konnte die Bilanz der Brauer nicht dauerhaft verbessern. Die um 1,6 Prozent gestiegenen Ausfuhren machen nur einen kleinen Teil des Gesamtabsatzes aus. Dieser beläuft sich auf 8,3 Milliarden Liter, was einem Rückgang um 1,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Hauptgründe für den geringeren Absatz bei gleichzeitig wachsender Bevölkerung sind der Trend zu einem gesünderen Lebensstil mit weniger Alkohol sowie die generelle Alterung der Gesellschaft.
Fußball-Turbo zündet nicht
Der Deutsche Brauer-Bund beschreibt das Jahr 2024 als Achterbahnfahrt: Hatte der Bier-Absatz bis Mai 2024 im Inland noch ein Plus von 2,5 Prozent aufgewiesen, drehte der Markt über den Sommer überraschend ins Minus. Dazu hätten die «Wetterkapriolen» beigetragen, mit Regenperioden im Frühjahr und Sommer, teilt der Verband mit. «Viele Biergartenbesuche fielen buchstäblich ins Wasser, betroffen waren auch Events rund um die Fußball-Europameisterschaft. Der nasse Juni war der schlechteste Bier-Monat im Vorjahresvergleich mit minus 13,5 Prozent national.»
In den Absatzzahlen nicht enthalten sind alkoholfreie Sorten, die nicht versteuert werden und seit Jahren einen kontinuierlichen Aufwärtstrend verzeichnen. Der Deutsche Brauer-Bund erwartet, dass bald jedes zehnte in Deutschland gebraute Bier alkoholfrei sein wird. «Die Zeiten, in denen Alkoholfreies ein reines „Autofahrerbier“ war, sind längst vorbei. Heute ist alkoholfreies Bier ein Lifestyle-Getränk, das durch seine Vielfalt und seinen Geschmack überzeugt», heißt es vom Verband in Berlin.
Produktion muss umgebaut werden
Der Erfolg der alkoholfreien Biere kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die kleinteilige Branche mit rund 1.500 Betrieben unter einer Strukturkrise leidet. Beim Brauen wird eine große Menge Flüssigkeit erhitzt und dann wieder gekühlt, was viel Energie erfordert, die bisher hauptsächlich aus fossilen Energieträgern stammt.
Veltins-Chef Volker Kuhl sieht die Branche vor einer Nagelprobe: «Die Verbraucher müssen sich in vielen Teilen des Landes ernsthaft sorgen, wie es mit der kleinteiligen Brauwirtschaft in Zukunft weitergeht.» Marktgefüge und Handelsmacht einerseits sowie Beschaffungskosten und Investitionszwang in die energetische Transformation andererseits brächten viele Brauereien in eine «existenzgefährdende Sandwich-Position, aus der ihnen niemand heraushelfen kann.»
Die Flensburger Brauerei hat bereits mit dem Umbau begonnen und bezieht rund 10 Prozent ihres Strombedarfs aus eigenen Photovoltaikanlagen. Außerdem ist geplant, ein neues Sudhaus zu errichten. Laut Technik-Chef Michael Seip wird die Energiewende parallel weiter vorangetrieben, unter anderem mit Anlagen zur Biogasgewinnung aus Abwasser und Wärmepumpen, die ihre Energie aus Abwärme gewinnen.
Erste Betriebe geben auf
Der fünftgrößte Biermarkt der Welt leidet seit langem unter erheblichen Überkapazitäten. Laut Veltins-Manager Kuhl haben einige Brauereien bereits 2024 Betriebsaufgaben kleinerer Unternehmen erlebt, da die Luft so eng geworden ist. Schon ein Jahr zuvor hat die führende Radeberger-Gruppe die Frankfurter Binding-Brauerei, eine der größten Braustätten des Landes, geschlossen.
Auch die großen Marken sind nicht immer vor dem Abwärtstrend sicher, wie das Beispiel der größten deutschen Biermarke Krombacher zeigt. Das Familienunternehmen aus Kreuztal in Nordrhein-Westfalen gibt das gedämpfte Konjunkturklima und das verregnete Frühjahr als Gründe für den um 1,1 Prozent gesunkenen Bierabsatz an.