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Ausnahme Corona: Eigentümer-Beschlüsse ohne Präsenz gültig

Einerseits Abstand halten, andererseits Beschlüsse fassen müssen – die Corona-Zeit war eine Ausnahmesituation. Auch für Eigentümerversammlungen. Der BGH zeigt sich pragmatisch.

Der jetzt vor dem Bundesgerichtshof verhandelte Fall war stellvertretend für viele, hieß es.
Foto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass während der Corona-Pandemie auch schriftliche Versammlungen von Wohnungseigentümern gültige Beschlüsse fassen können. Der BGH wies auf die besondere Ausnahmesituation hin.

«Während der Corona-Zeit befand sich ein Verwalter in einer unauflöslichen Konfliktsituation», sagte die Vorsitzende Richterin Bettina Brückner bei der Urteilsbegründung in Karlsruhe. «Er stand nämlich vor dem Dilemma, entweder das Wohnungseigentumsrecht oder das Infektionsschutzrecht zu missachten.» Weil eine «echte» Eigentümerversammlung während Corona unmöglich gewesen sei, habe es in dieser Ausnahmesituation solche Vertreterversammlungen regelmäßig aus Praktikabilitätserwägungen gegeben. Dies habe auch im Interesse der Wohnungseigentümer gelegen, so der BGH (Az. V ZR 80/23).

Eine Verwalterin aus Südhessen war vor dem BGH erfolgreich. Sie hatte zu einer schriftlichen Eigentümerversammlung am 24. November 2020 eingeladen und die Eigentümer gebeten, ihr eine Vollmacht und Weisungen für die Stimmabgabe zu geben. Nur 5 von 24 Eigentümern kamen dieser Bitte nach. Die Kläger hatten hingegen keine Vollmacht erteilt. In der Versammlung war laut BGH nur die Verwalterin anwesend, die anschließend ein Protokoll mit den gefassten Beschlüssen übermittelte. „Ein Fall, der repräsentativ für viele ist“, so die BGH-Richterin während der mündlichen Verhandlung.

Zumindest überprüfbare Beschlüsse

Laut BGH hätten in der Vertreterversammlung zumindest Beschlüsse gefasst werden können, die gerichtlich überprüft werden konnten. Ebenso konnten die Eigentümer die Verwalterin anweisen, wie sie in der Versammlung abstimmen sollte.

In der Versammlung wurden Themen wie Abrechnungen und den Wirtschaftsplan 2021 von einem Anwalt der Eigentümergemeinschaft besprochen. Das Landgericht Frankfurt am Main erklärte die Beschlüsse für nichtig, da das individuelle Recht der Eigentümer auf persönliche Teilnahme an einer Versammlung verletzt wurde. Der BGH hob dieses Urteil auf und bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt. Dieses hatte die Beschlussmängelklage aufgrund des Fristablaufs abgewiesen.

Die Frage, ob allein daraus ein Beschlussanfechtungsgrund entsteht, dass Eigentümer an der Versammlung nur durch Erteilung einer Vollmacht an den Verwalter teilnehmen konnten, blieb offen. Da die Anfechtungsfrist verpasst wurde, hatte der BGH darüber nicht entschieden. Ob eine Nichtigkeit in Betracht kommt, wenn unter normalen Umständen Wohnungseigentümern die persönliche Teilnahme an der Versammlung verweigert wird, hat der BGH unbeantwortet gelassen.

Gesetzesänderung soll virtuelle Versammlungen ermöglichen

Eigentümerversammlungen durften früher weder hybrid noch rein virtuell – also über eine Videoschalte – stattfinden. Inzwischen prüft der Bundestag eine Gesetzesänderung, die solche Versammlungen rein virtuell zulassen würde – unter der Bedingung, dass mindestens 75 Prozent der Eigentümer zustimmen. Diese Zustimmung wäre gemäß dem Entwurf auf drei Jahre befristet.

dpa