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EU-Autobauer erhalten mehr Zeit für CO2-Vorgaben

Die Unternehmen haben drei Jahre Zeit, um Grenzwerte einzuhalten und Strafen zu vermeiden. Die Flexibilisierung könnte zu höheren CO2-Emissionen führen.

Autobauer bekommen in der EU mehr Zeit, um sich an Klimavorgaben zu halten. (Archivbild)
Foto: Georg Wendt/dpa

Europas Autobauer erhalten aufgrund drohender CO2-Strafen mehr Zeit, um die EU-Klimavorgaben einzuhalten. Das Europaparlament stimmte in Straßburg für eine entsprechende Lockerung.

Die Zustimmung der EU-Staaten zur Entscheidung steht noch aus, obwohl sie sich am Mittwoch bereits für eine Verschiebung ausgesprochen haben. Die beiden Institutionen folgen einem Vorschlag der EU-Kommission, nach dem Unternehmen nicht mehr jährlich, sondern alle drei Jahre Grenzwerte einhalten müssen.

Wenn VW, Mercedes, BMW oder andere Firmen die Anforderungen in diesem Jahr nicht erfüllen, werden sie nicht sofort bestraft. Sie haben die Möglichkeit, Sanktionen vollständig zu vermeiden, indem sie in den beiden darauffolgenden Jahren die EU-Vorschriften übertreffen.

Autobranche sieht Entscheidung als wichtigen Schritt 

Der deutsche Verband der Automobilindustrie (VDA) sieht in dem Aufschub einen ersten wichtigen Schritt. «Politisches Handeln bedeutet, nicht nur Ziele zu setzen, sondern auch deren Erreichung zu ermöglichen», sagte Verbandspräsidentin Hildegard Müller der Deutschen Presse-Agentur. Die Rahmenbedingungen in vielen Bereichen seien unzureichend, Ziele sollten grundsätzlich flexibler gestaltet werden.

In Anbetracht globaler Herausforderungen und der derzeitigen geringen Nachfrage nach Elektroautos besteht weiterer Handlungs- und Gesprächsbedarf. Müller nannte beispielsweise den Ausbau der Ladeinfrastruktur, die Strompreise, die Halbleiterversorgung und die Batterieproduktion. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Standortes darf nicht weiter vernachlässigt werden.

Warum Strafen drohen

Hintergrund der drohenden Strafen für die ohnehin angeschlagene Industrie sind Flottengrenzwerte, die einen Durchschnittswert an CO2-Ausstoß pro Auto erlauben. Mit Beginn des Jahres haben sich diese gesetzlichen Vorgaben verschärft.

Im Durchschnitt aller in der EU in einem Jahr zugelassenen Fahrzeuge darf dieser Grenzwert nicht überschritten werden. Für zu viel ausgestoßenes CO2 müssen die Hersteller Strafe zahlen. Aufgrund der Tatsache, dass sich der Absatz von E-Autos nicht so gut entwickelt hat wie ursprünglich prognostiziert, könnten die Autobauer die Grenzwerte deutlich überschreiten.

Autoindustrie unter Druck 

Die Branche, die besonders für die deutsche Wirtschaft wichtig ist, steht unter Druck. Immer mehr Konkurrenz kommt von Unternehmen aus China und den USA. Dort haben Firmen den Wechsel zur E-Mobilität schneller vollzogen.

Es ist auch wichtig zu erwähnen, dass die Autohersteller derzeit stark unter den Auswirkungen des Handelskonflikts mit den USA leiden. Die von US-Präsident Donald Trump verhängten 25-prozentigen Zölle auf Autos und Autoteile traten Anfang April in Kraft.

Die USA sind ein entscheidender Handelspartner für die deutsche Automobilindustrie: Gemäß Angaben des Statistischen Bundesamtes entfielen 13,1 Prozent der Exporte auf die USA, was kein anderes Land erreichte. Fast ein Drittel der Porsche und jeder sechste BMW wurden im Jahr 2024 in Nordamerika verkauft, während der Anteil bei VW, Audi und Mercedes-Benz jeweils zwischen 12 und 15 Prozent lag.

Die Situation ist auch auf dem deutschen Markt angespannt. Laut Kraftfahrt-Bundesamt wurden im vergangenen Jahr insgesamt etwa 2,8 Millionen Autos in Deutschland neu zugelassen. Dies entspricht ungefähr einem Prozent weniger als im Vorjahr und etwa einem Viertel weniger als 2019, dem Jahr vor der Corona-Pandemie.

Verkehr ist Sorgenkind beim Klimaschutz

Im Vergleich zu anderen Bereichen hat es im Verkehrssektor bisher deutlich weniger Fortschritte beim Klimaschutz gegeben. Laut der Denkfabrik Agora Energiewende sanken die Emissionen im Verkehr in Deutschland um zwei Millionen Tonnen im Vergleich zum Vorjahr. Dies sei jedoch hauptsächlich auf den geringeren Lkw-Verkehr aufgrund der Wirtschaftsflaute zurückzuführen.

«Der CO2-Flottengrenzwert ist das wichtigste Instrument des Klimaschutzes im Verkehrsbereich und erweist sich als effektiv», teilte Felix Creutzig vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung mit. Dies zeige sich vor allem darin, dass Autohersteller Elektroautos vermehrt und verbilligt anböten, um Werte zu erreichen. Eine Flexibilisierung bedeute, dass mehr CO2 ausgestoßen werde. Creutzig war Mitglied im Expertenbeirat Klimaschutz von Ex-Verkehrsminister Volker Wissing und ist Mitglied des Nachhaltigkeitbeirats von Mercedes.

dpa