Der Wegfall der E-Auto-Prämie und unsichere Konjunktur belasten die Hersteller. Hohe Abhängigkeit von China und steigende Kosten verschärfen die Situation.
Deutsche Autoindustrie in der Krise: Die fünf größten Probleme im Überblick
Die deutsche Autoindustrie steckt in einer schweren Krise. Bei Volkswagen könnten erstmals seit 30 Jahren betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen drohen. Aber was sind die Herausforderungen? Die fünf größten Probleme im Überblick:
Stockende E-Mobilität
Der Wegfall der E-Auto-Prämie in Deutschland im vergangenen Jahr hat die Nachfrage nach Batterieautos einbrechen lassen. Die Hersteller stellt das gleich vor mehrere Probleme: Die Werke sind nicht ausgelastet, wegen der schärferen EU-Flottenziele für den CO2-Ausstoß ab 2025 drohen dann hohe Strafzahlungen. Ein großes Problem sei dabei die Politik selbst, sagt Branchenexperte Frank Schwope, der Automobilwirtschaft an der Fachhochschule des Mittelstands in Köln und Hannover lehrt. «Das ewige Hin und Her bei der Elektromobilität verunsichert die Kunden und führt nur zu Verzerrungen.»
Schwache Konjunktur
Die unsichere Konjunktur führt zu schwachen Geschäften, insbesondere in Deutschland. Im August sanken die Pkw-Neuzulassungen hier um fast 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, während es in der EU insgesamt um 18 Prozent zurückging. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) prognostiziert für das Gesamtjahr nur 2,8 Millionen Neuzulassungen, etwa ein Viertel weniger als 2019. Experten erwarten kein nachhaltiges Wachstum in Europa. Der Automarkt in Deutschland gilt als weitgehend gesättigt.
Abhängigkeit von China
Zugleich stockt auch das Geschäft im Ausland. Zum Verhängnis wird der deutschen Autoindustrie hier ihre hohe Abhängigkeit von China, wo sie rund ein Drittel ihres Geschäfts macht. Jahrelang hatte der dortige Automarkt für rasantes Wachstum und gute Gewinne gesorgt. Die aktuell stockende Nachfrage nach ihren Modellen trifft VW & Co. nun umso härter. «Den deutschen Herstellern scheinen auf dem chinesischen Markt die Felle davonzuschwimmen», sagt Schwope. Neue Marken aus China legen dort rasant zu und drängen mit ihren E-Autos jetzt auch nach Europa. Und die, so Schwope, seien technologisch oft nicht nur ebenbürtig, sondern sogar überlegen.
Hohe Kosten
Zugleich haben die deutschen Hersteller mit deutlichen höheren Energie- und Personalkosten zu kämpfen. Die Produktion preiswerter Einstiegsmodelle rechne sich in Deutschland daher nicht, so Schwope. «Es werden hier daher vor allem höherpreisige Fahrzeuge produziert.» Im internationalen Vergleich falle Deutschland als Industriestandort aber immer weiter zurück, kritisierte kürzlich VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Hier müsse dringend gegengesteuert werden.
Ehrgeizige Renditeziele
Teil des Problems sind laut Schwope jedoch auch die hohen Erwartungen des Managements an die Gewinnspannen. Entsprechend groß sei jetzt der Spardruck. Dabei verdienten die Hersteller weiter gutes Geld und seien keineswegs am Rande der Insolvenz, so der Experte. Doch in den Pandemiejahren, als wegen des Teilemangels vor allem hochpreisige Modelle gebaut wurden, habe sich die Branche an extrem hohe Gewinne gewöhnt. «Da gab es Traummargen, die jetzt einfach fortgeschrieben werden», so Schwope. «Das lässt sich dauerhaft aber nicht halten.»