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Automat wird zur Postfiliale: Post stellt Hunderte Anträge

In der Postfiliale ein Schwätzchen halten mit der Bedienung am Schalter? In manchen Filialen ist das nicht mehr möglich. Denn einen Menschen am Schalter gibt es da gar nicht mehr.

Gestatten, Ihre Postfiliale! Bundesweit 72 Automaten wurden als Postfilialen zugelassen, diese hier in Sankt Augustin bei Bonn ist eine davon.
Foto: Thomas Banneyer/dpa

Die Deutsche Post setzt in großem Umfang auf Automaten, um in einigen Dörfern und Städten keine Filialen mit Personal mehr betreiben zu müssen. Laut Bundesnetzagentur gingen bis Ende September 629 Anträge ein, um Automaten als Postfilialen zu genehmigen. 72 wurden bereits genehmigt, vier zurückgezogen und der Rest wird noch geprüft.

Bei der Zulassung wird geprüft, ob die Standorte zur Erfüllung der gesetzlichen Filialnetz-Pflicht angerechnet werden: Die Post muss flächendeckend Filialen betreiben, meistens handelt es sich um Postschalter in Supermärkten, Kiosken und anderen Geschäften. Früher wurden bereits Automaten aufgestellt, die jedoch nicht als Filialen galten – dennoch musste die Post Filialen mit Personal betreiben. Seit Januar hat sich dies aufgrund einer Gesetzesnovelle geändert, was der Logistiker nun ausnutzt.

In ganz Deutschland gibt es etwa 12.600 Postfilialen. Wenn ihre Anträge genehmigt werden, würden Automaten etwa fünf Prozent des Filialnetzes ausmachen: An ungefähr jedem zwanzigsten Filialstandort gäbe es dann keinen Postschalter mehr, an dem ein Mensch bedient. Die bereits zugelassenen Automaten-Filialen befinden sich hauptsächlich in ländlichen Regionen, wie zum Beispiel in Asendorf (Niedersachsen), Sankt Augustin (NRW), Heusenstamm (Hessen), Egling (Bayern), Harztor (Thüringen) und Schwarzheide (Brandenburg).

Um welche Automaten es geht

Mit dem Begriff „Automat“ sind Poststationen gemeint, an denen Pakete abgegeben und abgeholt, Briefmarken gekauft und Briefe eingeworfen werden. Es gibt auch Videoberatung. Man erhält fast alles, was man auch in einer Filiale mit Mitarbeitern bekommt. Ein großer Vorteil der Poststation ist, dass sie rund um die Uhr verfügbar ist – kein Kunde muss unverrichteter Dinge wieder abziehen, weil er außerhalb der Öffnungszeiten angeklopft hat.

In ganz Deutschland gibt es mehr als 900 Poststationen, von denen die meisten keine Rolle bei der Filialnetzpflicht spielen – einige dienen als Ergänzung zu einer regulären Filiale und ermöglichen es den Kunden, rund um die Uhr Briefmarken zu kaufen oder Pakete abzugeben. Darüber hinaus gibt es 15.600 Packstationen, die ausschließlich für Pakete bestimmt sind.

Die Filialnetz-Pflicht als Dauerproblem

Die Post muss in Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern eine Filiale haben. Zudem darf die Filiale in zusammenhängend bebauten Wohngebieten nicht weiter als zwei Kilometer entfernt sein. Die Post hat diese Vorgaben schon lange nicht erfüllt, Ende September gab es 160 unbesetzte Pflichtstandorte – dort war also keine Filiale, obwohl es eine hätte geben müssen.

Ein Grund dafür ist der Strukturwandel auf dem Land: Wenn der letzte Krämerladen in einem Dorf schließt, gibt es auch keinen Partner mehr vor Ort für die Post, um einen Postschalter zu betreiben.

Um der Filialnetz-Pflicht nachzukommen, betreibt die Post rund 1.200 Interimsfilialen – sie schickt also eigenes Personal, das in einem Container oder einem zuvor leerstehenden Geschäft eine kleine Postfiliale betreibt, die in der Regel nur für einige Stunden am Tag geöffnet ist. Diese Interimsfilialen möchte die Post loswerden und setzt hierbei verstärkt auf Automaten.

Die Anzahl der unbesetzten Pflichtstandorte schwankt seit langem. Gelegentlich ist ein Standort nur vorübergehend unbesetzt – und dann wird doch wieder eine Filiale gefunden, wenn die Post dort einen neuen Partner gefunden hat. Laut Bundesnetzagentur handelt es sich lediglich um eine Momentaufnahme.

Es ist jedoch überraschend, dass der Wert der Filialvakanzen im Vergleich zu Juli 2024 um 19 gestiegen ist, obwohl die Filialnetz-Regeln seitdem erleichtert wurden: 2024 konnten noch keine Automaten angerechnet werden, nun ist das möglich, und es wird auch gemacht – doch anstatt zu sinken, steigt der Wert weiter an.

Die Post verspricht Verbesserung. Ein Unternehmenssprecher sagt, dass bereits für etwa die Hälfte der 160 Standorte Lösungen gefunden wurden, die bald umgesetzt werden. An den anderen Standorten wird intensiv an einer Lösung gearbeitet – entweder durch Filialen oder Poststationen. An einigen Orten müssen jedoch auch andere Beteiligte, wie beispielsweise für die Erteilung einer Baugenehmigung, mitwirken.

Automatenfilialen sollen kein Massenphänomen werden

Bevor die Bundesnetzagentur grünes Licht für die Automaten-Filialen gibt, werden die betroffenen Gemeinden angehört – die Kommunen sind also beteiligt. Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Achim Brötel (CDU), äußert sich vorsichtig. Klassischen Postfilialen sollte grundsätzlich immer der Vorzug gegeben werden.

Postfilialen seien «wichtige Einrichtungen der Daseinsvorsorge, die jedermann einen einfachen Zugang zum Postnetz bieten», sagt Brötel. Es gehe um Nutzerfreundlichkeit. «Die Nutzerperspektive muss deshalb auch der entscheidende Maßstab sein und nicht etwa das Bestreben der Post, sich ihrer Verpflichtung zur flächendeckenden Gewährleistung ihrer Dienstleistungen auf möglichst einfache Weise zu entledigen.»

Der Gesetzgeber möchte nicht, dass das Filialnetz irgendwann nur noch aus Automaten besteht. «Ein Automat als Filiale ist zwar nicht ideal, aber besser als nichts – er kann die Situation in strukturschwächeren Gegenden verbessern», sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Roloff. 

«Es sollte aber kein Massenphänomen werden, sondern eher eine Ausnahme – wenn jeder zwanzigste Standort ein Automat wäre, fände ich das noch angemessen, beispielsweise jeder dritte sollte es aber nicht sein.» Nur um Kosten zu senken, dürfe die Post nicht auf Automaten setzen.

Kritik äußert der Sozialverband VdK. Dessen Präsidentin Verena Bentele sagt, das sei ein deutlicher Rückschritt auf dem Weg zu mehr Inklusion. «Postautomaten sind für Rollstuhlfahrer, Kleinwüchsige und Menschen mit Sehbehinderungen häufig nicht nutzbar.» Ältere Menschen seien oft auf persönliche Hilfe vor Ort angewiesen. Die Automaten sollten verbessert werden und größere Displays und Bedienelemente mit Brailleschrift bekommen.

dpa