Die Finanzaufsicht hat den Zertifikate-Boom unter die Lupe genommen. Eine systematische Fehlberatung konnte sie Banken und Sparkassen nicht nachweisen. Makellos ist die Bilanz aber nicht.
Bafin: Teilweise Mängel bei Anlage-Zertifikaten

Verbraucherschützer betrachten sie als undurchsichtig, Sparkassen und Volksbanken haben sie zeitweise in großem Umfang verkauft: Die Finanzaufsicht Bafin hat sich nun genauer mit dem Thema Zertifikate befasst und in einigen Fällen Mängel festgestellt. Allerdings betont Thorsten Pötzsch, der im Bafin-Direktorium für die Wertpapieraufsicht zuständig ist, dass es keine systematische Fehlberatung durch Banken und Sparkassen gegeben habe.
Laut der Bafin haben einige Anbieter bei Zins- und Express-Zertifikaten nicht ausreichend genau festgelegt, für welche Kundengruppen und unter welchen Marktbedingungen diese Produkte verkauft werden sollen.
Zudem habe es Hinweise darauf gegeben, dass etwa 20 Prozent der Kundinnen und Kunden die Funktionsweise und Risiken von Express-Zertifikaten nicht vollumfänglich verstanden hatten. «Die Bafin wird Institute, bei denen sie Mängel identifiziert hat, schriftlich auffordern, diese abzustellen.»
Kritiker halten die Papiere für kompliziert und teuer
Unter anderem haben Sparkassen und Genossenschaftsbanken massenweise Zertifikate an ihre Kunden verkauft. Ein Zertifikat ist eine Schuldverschreibung, deren Wertentwicklung von der Wertentwicklung eines zugrundeliegenden Basiswerts abhängt – beispielsweise Aktien eines bestimmten Unternehmens, Rohstoffe oder Währungen.
„Strukturierte Anleihen waren zeitweise ein Verkaufsschlager. Sie bieten die Möglichkeit einer Rendite über dem aktuellen Zinsniveau und versprechen in der Regel eine Rückzahlung des investierten Kapitals am Ende der Laufzeit – vorausgesetzt, der Emittent geht nicht pleite.“
Verbraucherschützer sind der Meinung, dass die Produkte für Kunden zu kompliziert und im Vergleich zu teuer sind. Außerdem verkaufen Geldinstitute strukturierte Anleihen aufgrund ihrer attraktiven Vertriebsprovisionen auch an Kunden, die nur klassische Zinsprodukte wie Tages- oder Festgeld möchten.
Bafin: Kundschaft wurde nicht in Zertifikate «gedrängt»
Im Mai 2024 hatte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) angekündigt, den boomenden Zertifikatemarkt genauer unter die Lupe zu nehmen. Eine Erkenntnis der Untersuchungen: «Die Finanzaufsicht hat keine Belege dafür gefunden, dass Banken und Sparkassen ihre Kundinnen und Kunden, die an Einlageprodukten interessiert waren, nach der Zinswende stattdessen in Zertifikate gedrängt hätten.»
Herbe Verluste für viele Anleger
Pötzsch äußert sich jedoch besorgt über die Entwicklung bei Turbo-Zertifikaten. Im Zeitraum von 2019 bis 2023 investierten in Deutschland mehr als eine halbe Million Menschen in diese Papiere, die mit einem Hebel ausgestattet sind und Kursschwankungen verstärken. Etwa 75 Prozent haben ihr Geld verloren: In den fünf Jahren waren es mehr als 3,4 Milliarden Euro.
«Auch wenn die Käuferinnen und Käufer von Turbo-Zertifikaten teilweise erfahrene Anleger sind, müssen die Hersteller und Vertriebsunternehmen die Risiken solcher Produkte ausreichend prominent und transparent aufzeigen», mahnt Pötzsch. «Die Studie zeigt: Hier ist noch Luft nach oben.»