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Nächster Ampel-Streit droht – Tariftreuegesetz stockt

Firmen, die für den Bund arbeiten, sollen nach dem Willen von Arbeitsminister Heil nach Tarif zahlen. Das Gesetzesprojekt kommt derzeit aber nicht voran.

Tariftreuegesetz kommt nicht voran. (Archivbild)
Foto: Michael Kappeler/dpa

In der Ampel-Koalition gibt es Streit über das Gesetz zur Stärkung der Tarifbindung, das von der SPD vorangetrieben wird. Laut den Zeitungen der Funke Mediengruppe blockiert das FDP-geführte Bundesfinanzministerium den Start der Verbändeanhörung. Regierungskreise bestätigten dies gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Das Finanzministerium erklärte, dass das Arbeitsministerium vorzeitig an die Öffentlichkeit gegangen sei.

Ein Vertreter von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gab bekannt, dass die Verhandlungen innerhalb der Regierung noch im Gange seien und abgewartet werden müsse.

Laut Regierungskreisen wurde die Verzögerung damit begründet, dass das Finanzministerium von Christian Lindner (FDP) zunächst Entlastungen für Unternehmen von Bürokratie an anderer Stelle vornehmen möchte.

Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Wir fordern die Regierung auf, die Pläne für einen Tarifzwang bei öffentlichen Aufträgen endlich aufzugeben oder praxisnah fortzuentwickeln.» Die «Maximalpositionen» des Arbeitsministeriums seien wirklichkeitsfremd und wirtschaftsfeindlich. 

Mehr Arbeitnehmer sollen von Tarifverträgen profitieren

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Auftrag des Bundes tätig sind, sollen künftig generell unter dem Schutz eines Tarifvertrags arbeiten – das sehen die Pläne Heils vor. Im Gesetzentwurf heißt es: «Unternehmen sollen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern künftig, wenn sie öffentliche Aufträge und Konzessionen des Bundes ausführen, tarifvertragliche Arbeitsbedingungen gewähren müssen.» Heil hatte gesagt, Tarifverträge brächten den Beschäftigten höhere Löhne als der Mindestlohn. Der Staat habe eine Vorbildfunktion. Dies helfe auch anständig zahlenden Unternehmen im Wettbewerb mit «Billigheimern». 

SPD, Grüne und FDP hatten sich 2021 in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, ein Tariftreuegesetz zu verabschieden. Im Koalitionsvertrag steht, dass die öffentliche Auftragsvergabe des Bundes an die Einhaltung eines repräsentativen Tarifvertrags der jeweiligen Branche gebunden werden soll, wobei die Vergabe auf einer einfachen, unbürokratischen Erklärung basiert.

SPD-Fraktion irritiert

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, bezeichnete es als «irritierend, dass es scheinbar Widerstand vom FDP-geführten Bundesfinanzministerium gibt». Es gehe um faire Wettbewerbsbedingungen, und zwar für gut bezahlte Arbeit, aber vor allem auch für die Unternehmen, «die ihre Leute ordentlich bezahlen und durch Schmutzkonkurrenz kaum eine Chance auf öffentliche Aufträge haben.» Das sei eine Frage von ökonomischer Vernunft, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken. Mast zeigte sich überzeugt: «Das Tariftreuegesetz kommt.»

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nannte Anfang September nach den Wahlniederlagen der SPD bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen als wichtigste Projekte der Ampel in den nächsten Monaten das Rentenpaket, das Tariftreuegesetz und die Kindergrundsicherung. Auch die Pläne zur Kindergrundsicherung und zum Rentenpaket sind jedoch vor allem innerhalb der FDP umstritten.

Kritik von Verdi

Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, kritisierte die Verzögerung beim Tariftreuegesetz und das Verhalten der FDP heftig. Er sagte den Funke-Zeitungen, die Verhinderung von Lohndumping durch eine nachhaltige Verbesserung der Tarifbindung sei ein zentrales Projekt der Ampel-Koalition zugunsten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. «Wenn die FDP nach einem längst verkündeten Kompromiss nun das Tariftreuegesetz wieder infrage stellt, droht der Ampel-Koalition weiterer schwerer Schaden an ihrer politischen Glaubwürdigkeit», warnte Werneke.

Laut dem Finanzministerium war die Aussage, dass Werneke falsch liegt. Es gab bisher keinen endgültigen Kompromiss.

Kampeter sagte: «Wenn Verdi jetzt die FDP kritisiert, dann trifft es die Falschen.» Ein Mehr an Tarif erreiche man nicht mit Zwang, sondern mit flexiblen Tarifverträgen, lebendiger Sozialpartnerschaft und vertrauensvollen Miteinander. «Verdis Ruf nach dem Staat ist hingegen ein Ausdruck von gewerkschaftlicher Hilflosigkeit.»

dpa