Die Hauptversammlung hat es beschlossen: Continental spaltet sich auf. Was hinter der «tiefgreifendsten Neuaufstellung» der Firmengeschichte steckt.
Wie Continental «neue Kräfte freisetzen» will
Der Autozulieferer Continental hat seine Aktionäre auf der Hauptversammlung auf einen neuen Kurs eingeschworen. «Heute wollen wir Continental verändern und neue Kräfte freisetzen», sagte Vorstandschef Nikolai Setzer in Hannover. «Es geht um die bisher tiefgreifendste Neuaufstellung in unserer Unternehmensgeschichte.»
Conti wird seine schwächelnde Autozuliefersparte los. Aumovio wird gemäß der Mehrheitsentscheidung auf der Hauptversammlung durch einen reinen Spin-Off an die Börse gebracht. Der Vorstand und der Aufsichtsrat haben der Abspaltung bereits zugestimmt. Bis Oktober 2025 soll der Spin-Off abgeschlossen sein.
Im Falle eines reinen Spin-Offs erhalten die Aktionäre einfach neue Aktien des abzuspaltenen Teils in ihr Depot gebucht und haben dann die Möglichkeit zu entscheiden, ob sie halten oder verkaufen wollen. Durch ein solches Verfahren erhält der Dax-Konzern kein Geld.
Contis Autozuliefergeschäft ist seit Langem bekannt als Sorgenkind und hat in den letzten Jahren kontinuierlich Verluste geschrieben. Der Sparkurs wurde kürzlich im größten Konzernteil nochmals verschärft. Über 10.000 Stellen werden abgebaut, jeweils etwa zur Hälfte in der Verwaltung und in Forschung und Entwicklung.
Reif(en) für den Wandel
Der Konzern plant auch, sich von seiner Kunststofftechniksparte Contitech zu trennen. Unter Vorbehalt notwendiger Beschlüsse könnte dies bis zum Jahr 2026 abgeschlossen sein. Nach dem Verkauf soll nur das Reifengeschäft weiterbestehen.
Die drei Unternehmen – Aumovio, Contitech und das Reifengeschäft – seien starke Player in ihren Branchen und jetzt bereit für ihre Unabhängigkeit, sagte Setzer. Angesichts der rasch wachsenden technologischen Anforderungen und des zunehmenden Wettbewerbsdrucks sei die Abspaltung der richtige Schritt. Flexible und fokussierte Unternehmen würden Chancen besser nutzen als komplexe Organisationen, sagte der Conti-Chef.
Lob und Kritik der Anleger
Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) lobte den Vorstand dafür, dass er sich nicht hinter Kameras versteckt, sondern sich der Diskussion stellt, so SdK-Sprecher Christian Retkowski.
Auch die Entscheidung, die Autozuliefersparte abzuspalten, sei richtig. Dies würde zwar nicht die «hausgemachten Probleme» des Konzerns lösen, kritisierte Retkowski. «Die Abspaltung aber kann und muss der erste Schritt sein, das verloren gegangene Vertrauen am Kapitalmarkt in den Continental-Konzern zurückzugewinnen.» Genauso wichtig sei es, das Vertrauen der Belegschaft in die neue Strategie nicht zu verlieren.
Die Neuausrichtung von Conti erhielt auch die Zustimmung des Anlegerschutzvereins DSW. „Aus Sicht des Kapitalmarkts ist es zunächst ein positives Signal“, sagte die DSW-Landesgeschäftsführerin Ina Jähne. In den letzten Jahren habe man unter der Schwäche der Autozuliefersparte gelitten.
Setzer verspricht Aktionären Besserung
Setzer sagte, dass das vergangene Jahr trotz aller anhaltenden externen Unsicherheiten ein gutes Jahr für Continental gewesen sei. Der Konzernumsatz betrug 39,7 Milliarden Euro – ein Rückgang von rund vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dies sei hauptsächlich auf das schwache Marktumfeld, insbesondere in Europa, zurückzuführen, gestand Setzer ein.
Was man in Zukunft von Continental erwarten dürfe? «Mehr Wert», kündigte Setzer an. Für 2025 rechne man mit einem Umsatz von rund 38 bis 41 Milliarden Euro.