Eine niederländische Versandapotheke versprach im Grunde: Rezept einlösen, Bonus sichern. Der Bundesgerichtshof hat geprüft, ob solche Angebote in Deutschland erlaubt waren.
BGH klärt: Versandapotheke durfte mit Prämien locken
Eine Versandapotheke im EU-Ausland darf deutschen Kunden Bonusprämien auf rezeptpflichtige Medikamente anbieten. Die bis Ende 2020 in Deutschland geltenden Regeln zur Arzneimittelpreisbindung gelten nicht für Versandapotheken aus anderen EU-Ländern, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Diese Regelungen hätten gegen die Warenverkehrsfreiheit verstoßen. (Az. I ZR 74/24)
Da der erste Zivilsenat keinen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb feststellte, ist es laut Urteil unerheblich, ob die gewährten Boni gegen eine kürzlich in Kraft getretene Neuregelung im Sozialgesetzbuch verstoßen. Der Vorsitzende Richter Thomas Koch erklärte, dass es an der Wiederholungsgefahr fehlt. Aus diesem Grund ist die Klage abzuweisen.
Gerichte waren bisher auf Seite des Bayerischen Apothekerverbands
Im spezifischen Fall von 2012 handelte es sich um eine Versandapotheke mit Sitz in den Niederlanden, die ihren Kunden angeblich einen Bonus von drei Euro pro Medikament bei maximal neun Euro pro Rezept versprach, wenn sie ein Rezept einlösten. Es gab auch Prämien für Personen, die an einem Arzneimittelcheck per Formular oder Telefonat teilnahmen.
Der Bayerische Apothekerverband betrachtete dies als Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht und die Arzneimittelpreisbindung – und reichte Klage ein. In den vorherigen Instanzen in München war er damit noch erfolgreich gewesen.
Strittige Frage jahrelang ungeklärt
Die Preisbildung für verschreibungspflichtige Medikamente ist gesetzlich geregelt, im Gegensatz zu rezeptfreien Medikamenten. Der Zweck ist, dass alle betroffenen Arzneimittel in jeder Apotheke zum gleichen Preis erhältlich sind. Dies soll den Apotheken vor ruinösem Wettbewerb schützen und die Patienten vor einer möglichen Ausnutzung, erklären die Apothekerverbände.
Seit Jahren wurde diskutiert, ob die Preisbindung auch für Versandapotheken im EU-Ausland gilt oder ob dies gegen den freien Warenverkehr der EU verstößt. Das Oberlandesgericht (OLG) München entschied, dass die Preisbindung nicht gegen EU-Recht verstößt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diese Regelung geeignet ist, um die Arzneimittelversorgung in Deutschland zu gewährleisten. Daher gab das OLG der Klage des Verbands statt.
Der BGH verwies allerdings auf Maßstäbe des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Der Kläger habe keine ausreichenden Daten oder andere «harte Fakten» vorgelegt zum Beleg, dass ohne die Arzneimittelpreisbindung eine flächendeckende Arzneimittelversorgung nicht aufrechterhalten werden könne und deshalb die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet sei, erläuterte Koch.