E-Autos aus China sind viel günstiger als Modelle aus der EU. Die EU-Kommission wirft Peking Marktverzerrung vor. Dennoch warnt die Industrie vor Zusatzzöllen – und auch der Kanzler hat Bedenken.
Autoindustrie: Deutschland muss gegen EU-Strafzölle stimmen
Die Autoindustrie übt Druck auf die Bundesregierung aus und fordert Widerstand aus Berlin gegen die Strafzölle der EU auf Elektroautos aus China. In der Ampel-Koalition drängen die FDP-geführten Ministerien für Finanzen und Verkehr auf ein deutsches Nein in Brüssel. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich kritisch über mögliche Strafzölle. Eine entscheidende Abstimmung in Brüssel ist für Freitag angesetzt. Wie die Bundesregierung reagieren wird, bleibt abzuwarten.
Die EU-Kommission beschuldigt China, die gesamte Wertschöpfungskette für Elektroautos stark zu subventionieren und dadurch den Markt zu verzerren. Daher plant die Behörde, zusätzliche Zölle einzuführen, die in einigen Fällen voraussichtlich mehr als 35 Prozent betragen werden. Die 27 EU-Staaten haben jedoch ein Mitspracherecht bei der Entscheidung. Mögliche deutsche Positionen könnten ein Nein oder eine Enthaltung sein. Laut Angaben der EU-Kommission sind chinesische Elektroautos in der Regel etwa 20 Prozent günstiger als in der EU hergestellte Modelle.
Autoindustrie warnt vor globalem Handelskonflikt
«Ein Votum der EU-Staaten, ab Ende Oktober hohe zusätzliche Zölle auf E-Pkw aus China zu erheben, wäre ein weiterer Schritt weg von globaler Zusammenarbeit», sagte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, Hildegard Müller, der Deutschen Presse-Agentur. «Durch diese Maßnahme wächst das Risiko eines globalen Handelskonfliktes weiter an.»
“Müller forderte, dass die Bundesregierung klar Position gegen die Strafzölle beziehen müsse. Eine Enthaltung sei keine Option.”
Auch BMW-Chef Oliver Zipse forderte, dass die Bundesregierung gegen die Strafzölle stimmt. Der Wohlstand in Deutschland hänge von offenen Märkten und freiem Handel ab. Zusätzliche Zölle schadeten global tätigen deutschen Unternehmen und könnten «einen Handelskonflikt heraufbeschwören, der am Ende nur Verlierer kennt.» VW dringt ebenfalls auf ein Nein der Bundesregierung in Brüssel. Ein Sprecher sagte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur: «Die vorgesehenen Zölle sind ein falscher Ansatz, sie verbessern nicht die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie.»
Kanzler setzt auf Verhandlungen mit China
Auch Bundeskanzler Scholz ließ Bedenken erkennen. «Natürlich müssen wir unsere Wirtschaft vor unfairen Handelspraktiken schützen», unterstrich der SPD-Politiker in Berlin. Es gehe um gleiche Wettbewerbsbedingungen. «Unsere Reaktion als EU darf aber nicht dazu führen, dass wir uns selbst schädigen. Deswegen müssen die Verhandlungen mit China in Bezug auf Elektrofahrzeuge weitergehen.»
Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister der Grünen, hat in letzter Zeit mehrmals vor einem Zollstreit mit China gewarnt und betont, dass er auf eine politische Lösung mit der Volksrepublik setzt.
Bei einem Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dürfte das Thema ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Macron hatte sich in der Vergangenheit grundsätzlich positiv über Strafmaßnahmen gegen Chinas E-Autos geäußert. Scholz betonte weiterhin, dass man dort eingreifen müsse, wo chinesische Billigimporte der Wirtschaft tatsächlich schaden, wie zum Beispiel im Bereich Stahl. Die Welthandelsorganisation und ihre Prinzipien sollten wieder stärker beachtet werden.
Wissing: E-Autos müssen zu konkurrenzfähigen Preisen angeboten werden
Verkehrsminister Volker Wissing warnte vor «Marktbarrieren». Diese stellten kein geeignetes Instrument dar, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen beziehungsweise europäischen Automobilindustrie zu stärken, sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. «Die Zukunftsfähigkeit der Automobilindustrie wird daran gemessen werden, ob Elektroautos zu einem konkurrenzfähigen Preis angeboten werden können.» Das Finanzministerium von Ressortchef Christian Lindner (FDP) ist dafür, dass Deutschland mit Nein stimmt, wie es aus Kreisen hieß.
[Autoindustrie fordert Widerstand gegen Strafzölle auf Elektroautos aus China],Die EU-Kommission will Zusatzzölle einführen, die in manchen Fällen mehr als 35 Prozent betragen. Die Entscheidung liegt bei den 27 EU-Staaten.