Die Meyer Werft kämpft um ihre Existenz – nun scheint eine Lösung in Sicht. Bundeskanzler Olaf Scholz will auf einer Betriebsversammlung zu den Beschäftigten sprechen.
Bundeskanzler besucht Meyer Werft – Rettungsplan in Sicht
Die für ihre Kreuzfahrtschiffe bekannte Meyer Werft kämpft um ihre Existenz – nun mehren sich die Zeichen, dass eine Lösung in greifbarer Nähe ist. Am Donnerstag werden Bundeskanzler Olaf Scholz, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (alle SPD) bei einer Betriebsversammlung sprechen, sagte Betriebsratsvorsitzender Andreas Hensen. Zuvor hatte die «Neue Osnabrücker Zeitung» berichtet.
Beteiligung von Bund und Land
Es wird darüber gesprochen, dass der Bund und das Land sich an der Werft beteiligen, um das Eigenkapital um 400 Millionen Euro zu erhöhen. Zusätzlich benötigt die Werft Bürgschaften, um Kredite für den Schiffsbau zu erhalten. Bis 2027 wird das Unternehmen fast 2,8 Milliarden Euro benötigen.
Details noch offen
«Im Grundsatz haben sich die drei Seiten – Banken, Land sowie Unternehmen und Familie – weitestgehend geeinigt», sagte ein Sprecher der Geschäftsführung. Es seien aber noch einige technische Dinge zu klären. Dazu zählen die Umsiedlung der Holdinggesellschaft von Luxemburg nach Papenburg oder die Organisation eines Konzernbetriebsrats. Es gehe aber auch um eine Neudefinition des Unternehmenswerts, nachdem die Meyer Werft kürzlich vier Aufträge für Kreuzfahrtschiffe vom Disney-Konzern erhalten hat – der größte Auftrag der Unternehmensgeschichte.
Haushaltsausschüsse müssen zustimmen
Laut der Geschäftsführung wird die Einigung an diesen Details jedoch nicht mehr scheitern. Auch kartellrechtliche Fragen müssen bis zum 15. September gelöst werden, sonst geht der Werft das Geld aus. «Man ist zuversichtlich, dass auch die offenen Fragen bis zum 15. September geklärt und mit Leben gefüllt werden können», sagte der Sprecher.
Aus Regierungskreisen in Berlin hieß es, es gebe noch keine finale Entscheidung, aber den Willen, die Werft zu retten. Demnach könnten der Bund und das Land Niedersachsen mit jeweils rund 900 Millionen Euro bürgen und vorübergehend 80 bis 90 Prozent der Werft übernehmen. Darüber hatte das «Handelsblatt» und der NDR berichtet. Einer solchen Lösung müsste aber unter anderem noch der Haushaltsausschuss des Bundestags und die EU-Kommission zustimmen, hieß es.
Wirtschaftliche Krise als Folge der Corona-Pandemie
Die Meyer Werft steckt in der schwersten Krise ihrer mehr als 200-jährigen Existenz. Hintergrund der finanziellen Schieflage ist unter anderem, dass einige Verträge für Kreuzfahrtschiffe vor der Corona-Pandemie abgeschlossen wurden und keine Anpassung an die seitdem drastisch gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise vorsehen.
Ein Großteil des Kaufpreises eines Kreuzfahrtschiffes – 80 Prozent – wird in der Branche erst bei Ablieferung bezahlt. Die Werft muss den Bau daher mit Krediten überbrücken. Aufgrund des eingebrochenen weltweiten Tourismusmarktes während der Corona-Pandemie geriet das Unternehmen jedoch in die roten Zahlen, weshalb die Banken zuletzt sehr zögerlich bei der Kreditvergabe waren.
Gutachten attestiert gute Zukunftsaussichten
Ein Gutachten hatte der Werft zuletzt unter bestimmten Voraussetzungen gute Zukunftsaussichten zugesprochen. Vor allem muss das Unternehmen wieder Gewinne machen. Die Werft sei in den vergangenen Jahren «keine Ertragsperle» gewesen, hatte Chefsanierer Ralf Schmitz vor einigen Wochen gesagt. Bis 2028 soll die Sanierung des Unternehmens abgeschlossen sein.
Jobabbau beschlossen
Anfang Juli wurde zwischen der Geschäftsführung, dem Betriebsrat und der IG Metall eine Einigung über ein Restrukturierungskonzept erzielt. Gemäß diesem sollen 340 der über 3.000 Stellen abgebaut werden. Es ist geplant, einen Aufsichtsrat und einen Konzernbetriebsrat einzurichten und den Unternehmenssitz von Luxemburg zurück nach Deutschland zu verlegen.